Ende der Altersteilzeit gefordert
Alle Anreize für früheren Ruhestand sollen langfristig verschwinden. Ältere Beschäftigte werden zunehmend gebraucht.
Düsseldorf. Keine Frühverrentung mehr, keine Altersteilzeit mehr: Wenn es nach Raimund Becker, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, geht, müssen die Deutschen künftig länger arbeiten. "Langfristig ist es strategisch sinnvoll, alle Anreize zur Frühverrentung abzuschaffen", sagte Becker dem "Hamburger Abendblatt". Dazu gehöre auch die Altersteilzeit. Neben der Finanzierbarkeit des Rentensystems nennt er einen zweiten Grund, warum die Wirtschaft ältere Beschäftigte bald dringend braucht: "Es werden in den Jahren 2025 bis 2030 bis zu fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen."
Zurzeit gehen die Deutschen im Durchschnitt mit 63 statt den eigentlich vorgesehenen 65 Jahren in den Ruhestand. Bis Ende vergangenen Jahres wurde zudem die Altersteilzeit vom Staat gefördert. Fast jeder fünfte Arbeitnehmer zwischen 55 und 64 Jahren nutzt dieses Angebot, zumeist in der Blockvariante. Das heißt, er arbeitet bei stark reduziertem Gehalt zum Beispiel drei Jahre voll weiter und scheidet dafür drei Jahre vor der eigentlichen Rente aus. Dieses Modell gilt unter einigen Experten als problematisch, da der Beschäftigte mit all seinen Qualifikationen drei Jahre früher ganz ausscheidet.
Die Altersteilzeit ist zwar in vielen Branchen noch möglich, da aber die Förderung ausgelaufen ist, ist ein wesentlicher Anreiz weggefallen, sagt Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation der Uni Duisburg-Essen. "Die Altersteilzeit ist ein Auslaufmodell."
Noch ist allerdings der Arbeitsmarkt für Ältere problematisch. Nur knapp über 50 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sind heute erwerbstätig - und in diese Zahl sind schon geringfügig Beschäftigte einbezogen. Aber Brussig verweist auf einen klaren Trend: "Die Quote ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen." Noch vor sechs Jahren lag sie unter 40 Prozent. Und: "Der Trend wird sich fortsetzen."
Allerdings werde der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften nicht automatisch zu einem Beschäftigungsboom bei den Über-55-Jährigen führen. Bei vielen Unternehmen müsse sich erst noch die Einsicht durchsetzen, dass ältere Arbeitnehmer viele Vorteile mitbringen.
Zudem müsse eine "Kultur der Alterserwerbstätigkeit" entstehen, so Brussig. Dabei gehe es um Qualifikation und eine bessere Vorbeugung, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Und noch etwas sei wichtig: "Die Wertschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben muss wachsen."