Evangelische Kirche ist auf der Suche nach Führungspersönlichkeiten

Wahlchaos auf der Synode, offene Zukunftsfragen — Deutschlands Protestanten befinden sich derzeit in schwierigem Fahrwasser.

Düsseldorf. Die gute Nachricht zuerst: Die Synode, das Parlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hat eine neue Vorsitzende. Nun die schlechte Nachricht: Das Wahlprozedere zog sich sieben Stunden hin, demontierte zwei Kandidaten und hinterließ in der Nacht zu am Montag teils ratlose Delegierte.

Gleichzeitig offenbarte es, dass Luthers Kirche, die so oft im medialen Schatten der katholischen Mitbrüder steht, ein Personalproblem hat — und auf ihrem Kurs generell ins Schlingern gekommen ist. Was war geschehen?

Die Neuwahl nach zwei Dritteln der Synoden-Legislaturperiode wurde nötig, weil Katrin Göring-Eckardt das Kirchen-Amt im September wegen ihrer politischen Arbeit als Grünen-Fraktionschefin niederlegte. Als fast sicherer Nachfolger galt Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU). Weil den aber nicht jeder Synodale mag, zauberten seine Gegner mit der Bremer Ex-Richterin Brigitte Boehme (73) kurzfristig eine Gegenkandidatin aus dem Hut.

Nach zwei Wahlgängen und stundenlangen Beratungen kam dann die ehemalige FDP-Generalsekretärin und Ex-Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer zum Zug. Bittere Stunden für Beckstein, der schon 2009 an Göring-Eckardt scheiterte und Vize-Präses bleibt.

Der Stolperer von Düsseldorf ist symptomatisch für die Probleme, die sich in der EKD angehäuft haben. Denn sie steuert auch in ihrem zweiten mächtigen Führungsgremium, dem Rat, auf ein Personalproblem zu. 2015 steht in der „Regierung“ ein Generationenwechsel an.

Nicht nur der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider tritt dann ab, auch andere der rund 15 Mitglieder dürften sich aus Altersgründen zurückziehen. Und wer Schneider — dem früheren Präses im Rheinland — folgen wird, ist nicht auszumachen. Da trauert so mancher den Zeiten nach, in denen mit Wolfgang Huber und Margot Käßmann außergewöhnlich begabte und profilierte, auch kirchenfernen Menschen bekannte Persönlichkeiten den Rat führten.

Ein weiteres drückendes Problem ist der Mitgliederschwund, von dem die evangelische Kirche über Jahrzehnte gesehen stärker betroffen ist als die katholische. Als „bedrückend“ beschreibt die EKD-Führung das Problem, das sich nach der Affäre um Verschwendung und Prunksucht des katholischen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst auch bei den Protestanten noch verschärft.

Dank der guten Konjunktur kann sich die EKD dennoch über Rekordeinnahmen bei der Kirchensteuer freuen. Die 20 Landeskirchen nahmen 2012 aus den Steuern sowie freiwillig gezahlten Gemeindebeiträgen 4,77 Milliarden Euro ein. 2011 hatte die EKD nach eigenen Angaben noch 4,38 Milliarden aus Kirchensteuern verbucht.