Fachkräftemangel: Werben um die Spezialisten
Techniker sollen künftig öfter aus dem Ausland kommen. Die wichtigsten Fragen zum Fachkräftemangel.
Berlin/Düsseldorf. Das Potenzial einheimischer Hochqualifizierter besser nutzen und gleichzeitig Top-Fachkräfte aus der ganzen Welt nach Deutschland locken — mit diesem zweigleisigen Vorgehen soll gesichert werden, dass die deutsche Wirtschaft auch künftig international spitze ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verweist insbesondere auf die demografische Entwicklung: In den kommenden 15 Jahren werde die Zahl der Erwerbspersonen um rund 6,5 Millionen abnehmen, besonders in Branchen für Hochqualifizierte könne Deutschland daher nicht auf gute Bewerber aus dem Ausland außerhalb der EU verzichten.
Zunächst sollen insbesondere die bürokratischen Hürden für Ärzte und Ingenieure zweier Fachrichtungen, die Rede war von Maschinenbau und Fahrzeugbau, gesenkt werden. Umstritten ist noch, ob auch die Einkommensschwelle, die ausländische Experten überschreiten müssen, von 66 000 auf etwa 40 000 Euro reduziert wird. Die Gewerkschaften werfen den Unternehmen vor, sie wollten vor allem „Billig-Spezialisten“.
In einigen Regionen deutet vieles darauf hin. Fakt ist zum Beispiel, dass es in manchen ländlichen Gebieten zu wenig Ärzte gibt. Bei Ingenieuren gibt es allerdings unterschiedliche Einschätzungen.
Mehr als 70 000 Ingenieure sollen schon jetzt fehlen, allein gut 30 000 im Maschinen- und Fahrzeugbau. Arbeitgeber sprechen gar von einer Gesamtzahl von einer Million unbesetzter Stellen (alle Branchen und Berufe). Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), zweifelt dennoch am Fachkräftemangel. Konkrete Zahlen zum Fachkräftebedarf seien kaum zu ermitteln. Zudem verweist er auf den Nachwuchs an den Hochschulen. „Die jungen Leute laufen heute in Scharen in die Ingenieurfächer hinein“, sagt er. „Es wird schwierig werden, die alle am Arbeitsmarkt unterzubringen.“ Nach einer DIW-Studie gab es 2010 allein im Bereich Maschinenbau und Fahrzeugtechnik rund 160 000 Studierende. Kurzfristig sei kein Mangel in Sicht.
Grundsätzlich ist ein Mangel an Spezialisten ein großes Problem — gerade für die deutsche Wirtschaft, die sich international durch Hochtechnologie auszeichnet. Wenn Spezialisten-Stellen nicht besetzt werden können, müssen Unternehmen Aufträge ausschlagen. Das gefährdet auch die Stellen von geringer Qualifizierten. Bis 2025 soll die Zahl der Erwerbstätigen laut Prognosen um 6,5 Millionen schrumpfen, auch die Zahl der Studierenden wird zurückgehen. Dass der einheimische Techniker-Nachwuchs dann noch reicht, um alle Stellen zu besetzen, wird bezweifelt.
Die Regierung sieht hier noch sehr große Reserven. Daher soll der Bedarf auch vorrangig mit einheimischen Arbeitskräften gedeckt werden. Allein durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen — viele sind gut ausgebildet, arbeiten aber oft wegen der Kinder nicht — ließen sich bis zu 900 000 Facharbeitskräfte gewinnen. Daher sollen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf erarbeitet werden. Zudem sollen Jugendliche besser qualifiziert werden.