Abschied Haitzingers stilvolle Seitenhiebe mit Tusche und Feder

Düsseldorf. · Horst Haitzinger, seit Jahrzehnten auch Karikaturist dieser Zeitung, geht in den Ruhestand. Das ist nicht zum Lachen.

Der Karikaturist Horst Haitzinger am Arbeitstisch in seiner Wohnung in München – in einer nun allerdings schon 15 Jahre alten Aufnahme.

Foto: picture alliance/dpa/Peter Kneffel

  Es ist ein Abschied, der jeden Zeitungsjournalisten schmerzen muss – und jeden Zeitungsleser auch. Horst Haitzinger, über Jahrzehnte Karikaturist dieser und vieler anderer Zeitungen, geht in den Ruhestand. Das ist sein gutes Recht: Der gebürtige Österreicher ist im vergangenen Juni 80 Jahre alt geworden. Und seine Abschiedskarikatur auf dieser Seite spiegelt auch die Mühen wider, die sein Beruf mitunter mit sich bringt. Es sei ihm von Herzen gegönnt, sich ihnen nun nicht mehr unterziehen zu müssen. Aber der deutschen Zeitungslandschaft geht damit einer der pointiertesten und scharfsinnigsten künstlerischen Beobachter der nationalen wie internationalen Politik verloren. Sein Abschied ist für die Branche nicht zum Lachen.

Verlag bestätigt den Abschied zum Monatswechsel

Haitzingers Karikaturen haben mehrere Jahrzehnte lang zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften geziert. Seinen Abschied zum Monatswechsel bestätigte der Stiebner-Verlag, bei dem Haitzinger jährlich ein Sammelalbum seiner Karikaturen veröffentlichte. Mit wenigen Worten brachte der Wahl-Münchner in seinen Zeichnungen politische Ereignisse mit viel Ironie auf den Punkt. Während seines Berufslebens begleitete Haitzinger die Amtszeiten zahlreicher markanter Politiker von Franz Josef Strauß (CSU) und Helmut Kohl (CDU) über Helmut Schmidt (SPD) bis zu Dietrich Genscher (FDP) und Joschka Fischer (Grüne).

Foto: Haitzinger

Doch nicht alle Politiker gingen ihm leicht von der Hand. „Ich habe zum Beispiel jahrelang mit diesem langweiligen Beamtengesicht von Erich Honecker gekämpft. Und kaum hatte ich den drauf, fiel die Mauer“, sagte Haitzinger im Interview mit den „Nürnberger Nachrichten“. Auch Donald Trump bereitete ihm zeichnerisch Probleme, wie er der Zeitung verriet. „Wenn ein Trump behauptet, er sei ein Genie, weiß ich definitiv nicht, ob er das ironisch meint oder es tatsächlich selber glaubt. Wie soll man solche Äußerungen noch satirisch überhöhen?“

Der 80-Jährige ist einer der bekanntesten politischen Karikaturisten in Deutschland. Seine Entscheidung, jetzt aufzuhören, begründet er so: „Ich habe da alles durchgekaut und das habe ich in den letzten Jahren auch als zunehmend anstrengend empfunden.“ Er fühle sich „ausgepresst wie eine Zitrone“. Malen wolle er aber weiterhin – großformatige Ölbilder. Außerdem wolle er mehr lesen, Sport treiben und seinen Zeichentisch in Ordnung bringen. Dort hätten sich über die Jahre viele Mappen mit Skizzen aufgestapelt. „Ideen, zu denen es keinen Anlass gibt, sind ja oft am komischsten.“

Seine künstlerische Ausbildung begann mit dem Studium der Gebrauchsgrafik an der Kunstgewerbeschule in Linz an der Donau. Es folgte ein Malerei- und Grafikstudium an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo Haitzinger bis heute lebt und arbeitet. Seine ersten politischen Karikaturen erschienen 1958 im „Simplicissimus“. Seine Kunst hat Haitzinger zahlreiche Auszeichungen eingebracht, darunter zweimal den Deutschen Preis für die politische Karikatur „Mit spitzer Feder“. Er ist auch Träger des Bundesverdienstkreuzes. Gerade erst widmete ihm das Museum Industriekultur der Stadt Nürnberg eine Ausstellung zum 80. Geburtstag.

Zu denjenigen, die überzeugt sind, dass Satire alles darf, also auch geschmacklos sein, gehört Haitzinger übrigens nicht. Dem „Südkurier“ sagte er vor zwei Jahren: „Geschmack sollte überall zu Hause sein.“ Er hatte ihn, das ist sicher. mit dpa