Hartz IV: Sachleistungen oder mehr Geld
Hartz-Urteil: In der schwarz-gelben Koalition gibt es Widerstand gegen höhere Regelsätze.
Berlin. Die Bundesregierung will die vom Verfassungsgericht geforderte Revision des Hartz-IV-Systems offenbar schon kurz nach der Sommerpause präsentieren. Insbesondere auf Drängen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sollen die Regelsätze für Erwachsene und Kinder so schnell wie möglich neu berechnet werden.
Wie aus Regierungskreisen verlautete, befürchtet Schäuble durch das Urteil einen "kostspieligen Ermessenswahn". Karlsruhe hatte angeordnet, dass Hartz-IV-Bezieher, die einen "unabweisbaren Sonderbedarf" anmelden, der in den Sozialgesetzbüchern nicht erfasst ist und abgelehnt wird, direkt beim Sozialgericht klagen können. Um Ärger zu vermeiden, sei zu erwarten, dass die Auszahlungsstellen in den Kommunen "lieber zahlen statt verweigern", heißt es in Berlin.
Zudem habe etwa der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, Hartz-IV-Beziehern empfohlen, zügig ergänzende Leistungen zu beantragen. Karlsruhe hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis spätestens Ende 2010 die Hartz-IV-Regelsätze auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen. Da das oberste Gericht offen ließ, ob am Ende höhere oder niedrigere Sätze dabei herauskommen müssen, bringt sich die Politik immer deutlicher in Stellung.
Als Hinweis darauf, dass die Bundesregierung keine höheren Sätze anpeilt, wurden Äußerungen des Vorsitzenden der Arbeitnehmergruppe in der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, verstanden. Er sprach sich am Mittwoch für eine Kürzung des Regelsatzes von 359 Euro aus. Auch FDP-Abgeordnete warnten vor der Schaffung neuer Anreize, "dass man übers Kinderkriegen Geld verdienen kann".
Zunehmend konsensfähig scheint der Vorschlag von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu werden, für Hartz-IV-Kinder verstärkt Sachleistungen wie Schulbedarf oder Nachhilfeunterricht anzubieten und diese in die Berechnung der Hilfeleistungen einzubeziehen. Der Chef des Ifo-Instituts in München, Hans-Werner Sinn, warb ebenfalls dafür, statt höherer Hartz-IV-Sätze mehr Sachleistungen zu geben. "Das können Schulbücher oder Mittagessen in der Schule sein", so Sinn.
Gegen ein neues "Gutscheinwesen" sprach sich der Armutsforscher Christoph Butterwegge aus. Gutscheine diskriminierten Arme und seien Ausdruck von Bevormundung, sagte er.