Besuch beim Europa-Parlament Hat Elmar Brok Besuchergruppen zu Unrecht zur Kasse gebeten?

Brüssel · Der CDU-Europa-Politiker Elmar Brok soll bei Besuchen von Bürgern zu viel Geld einkassiert haben. Nun wehrt er sich gegen den Vorwurf. Ein Blick auf die gängige Praxis im EU-Parlament.

CDU-Europapolitiker Elmar Brok.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Am Montag hatte CDU-Mann Elmar Brok noch erklärt, dass er nach 39 Jahren im Europäischen Parlament nicht mehr antreten werde. Und dass er sich auf das „Wagnis eines Neuanfangs und meine neue Herrschaft über meinen Terminkalender“ freue. Einen Tag später veröffentlichte das Online-Magazin „Politico“ eine Geschichte, die den Abgang des Europa-Parlamentariers von dieser Bühne in schlechtem Licht erscheinen lassen könnte. Der Vorwurf: Brok habe von Besuchergruppen, denen er das Parlament gezeigt habe, eine Eigenbeteiligung kassiert, die zusammen mit den vom Parlament für solche Besuche gewährten Zuschüssen die Gesamtkosten überschritten habe. Den Überschuss habe Brok dann jedoch nicht ans Parlament zurückerstattet.

In einem Fall habe eine 47 Köpfe starke Gruppe aus Paderborn Brok vom 13. Bis 15. Dezember 2016 in Straßburg besucht. Das Parlament habe dafür 8760 Euro zugeschossen. Brok habe den Besuchern weitere 6150 Euro in Rechnung gestellt. Die tatsächlichen Ausgaben für diese Gruppe hätten aber nur bei 8600 Euro gelegen, also mehr als 6300 Euro unter den Einnahmen. 2016 und 2017 sei in Broks Büro auf diese Weise ein Plus von 18 000 Euro aufgelaufen, so der Vorwurf.

Das Parlament gibt
Zuschüsse für Besuchergruppen

Nach den Regeln des Europäischen Parlaments kann jeder Abgeordnete jährlich bis zu 110 Besucher nach Straßburg oder Brüssel einladen und dafür Zuschüsse aus der Parlamentskasse bekommen. Damit werden Reisekosten (9 Cent pro Kilometer), Hotel (60 Euro) und Verpflegung (40 Euro) bezahlt. Für jeden Abgeordneten werden so bis zu fünf Gruppen pro Jahr finanziert. Einen etwaigen Überschuss muss er aber dem Parlament erstatten. Dass das Parlament überhaupt für solche Kosten aufkommt, wird so erklärt: Offenheit und Transparenz seien wichtig für die Demokratie. Deshalb sollten Bürger Zugang zur Parlamentsarbeit haben. Weil sich das nicht jeder leisten könne, gebe es die Zuschüsse.

Und wie sieht ein solcher Besuch beim Europa-Parlament aus? Brok schreibt dazu auf seiner Internetseite, dieser bestehe „aus einem persönlichen Gespräch mit mir, einem gemeinsamen Gruppenfoto und einer Besichtigung des Plenarsaals“. Mit Blick auf die Kosten schreibt er: „Aufgrund des begrenzten Budgets und der Vielzahl an Besuchergruppen, die ich jedes Jahr in Brüssel und Straßburg empfange, kann jedoch leider nicht jede Gruppe finanziell gefördert werden.“

Wie Brok selbst reagiert
und was SPD und Grüne sagen

„Politico“ schreibt, dass Elmar Broks Büro von Teilnehmern an Parlamentsreisen einen Eigenanteil von 150 Euro verlangt habe.

Dass er sich bereichert habe, weist Brok zurück. Gegenüber dieser Zeitung erklärte er: „Die Mittel des Europäischen Parlaments sind korrekt verwendet worden, wie Prüfungen durch das Europäische Parlament ergeben haben. Teilnehmerbeiträge sind für zusätzliche Leistungen, die von den Zuschüssen des Europäischen Parlaments nicht gedeckt werden, erhoben und eingesetzt worden.“

Dass die vom Parlament für die Betreuung der Besuchergruppen angesetzten Mittel nicht immer ausreichen, bestätigte auch der für die SPD im Europäischen Parlament sitzende Arndt Kohn. Der Stolberger betonte gegenüber dieser Zeitung, es komme darauf an, welches Rahmenprogramm von der Gruppe in Anspruch genommen werde. Davon hänge ab, was der Besuch insgesamt kostet. In Anbetracht dessen könne ein Eigenbeitrag gerechtfertigt sein.

Nicht eine Eigenbeteiligung der Besucher als solche dürfte also strittig sein. Vielmehr kommt es darauf an, ob der einladende Abgeordnete sich an die Regeln hält, dem Parlament überschüssige Einnahmen am Ende wieder zurückzuerstatten. Dass er sich an diese Regeln gehalten habe, will Brok nun beweisen. Die entsprechenden Unterlagen seien am Mittwoch an den zuständigen und vom Europäischen Parlament anerkannten Steuerberater gegangen, „so dass dieser die Teilnehmerbeiträge und deren Ausgaben auf ihre Richtigkeit überprüfen kann“. Brok will die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Untersuchung so schnell wie möglich informieren.

Für die Grünen versicherte deren Europa-Parlamentarier Sven Giegold gegenüber dieser Zeitung, nach Besuchen von Bürgern an den Parlamentsstandorten bleibe „nichts von den Zuschüssen des Parlaments oder den Beiträgen der Besucherinnen und Besucher in unseren Taschen zurück. Wir freuen uns über Besucherinnen und Besucher in Brüssel und wollen damit kein Geld verdienen. Alles andere fände ich befremdlich.“

Wenn die Grünen Besuchern das EU-Parlament zeigen, gebe es zwei Varianten. Entweder die Gruppe organisiert ihr eigenes Programm, wird dann von den Grünen angemeldet und erhält den Zuschuss direkt vom Parlament. Gruppenleitung und Parlament rechneten dann später direkt miteinander ab. Oder aber die Grünen organisieren den Besuch selbst vom NRW-Büro aus. Dann werde zwar ein Kostenbeitrag von 30 bis 50 Euro erhoben, um anfallende Rechnungen vor dem Tag des Besuchs begleichen zu können. Bleibe am Ende etwas von dem Geld übrig, werde es den Besuchern jedoch erstattet. Ebenso, wie übrig gebliebene Zuschüsse des Parlaments an dieses zurückgingen.