Hintergrund: Fahrplan für die Übergangszeit

Tripolis (dpa) - Die Libyer wählen einen Allgemeinen Nationalkongress. Er ersetzt den Nationalen Übergangsrat, der während des Aufstandes gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi im vergangenen Jahr gegründet worden war.

Die ursprünglich für den 19. Juni geplante landesweite Wahl war aus organisatorischen Gründen verschoben worden. 2,8 Millionen Libyer haben sich als Wähler registrieren lassen. Das sind mehr als 80 Prozent der theoretisch wahlberechtigten Bürger.

Die 200 Mandate für den Nationalkongress, der eine Art Übergangsparlament sein wird, verteilen sich auf 120 Direktmandate und 80 Sitze, die für über Parteilisten vergeben werden. Insgesamt bewerben sich rund 4000 Kandidaten. Von der Kandidatur ausgeschlossen sind Libyer, die wegen Korruption verurteilt wurden, frühere Gaddafi-Gefolgsleute, Mitglieder des Nationalen Übergangsrates und der Übergangsregierung.

106 Sitze sind für Kandidaten aus der westlichen Region reserviert, zu der Tripolis und die Nafusa-Berge gehören. Der östlichen Region mit der Großstadt Bengasi wurden 60 Sitze zugeteilt. 34 Sitze erhalten die Bewohner des weniger stark besiedelten Südens.

Der Nationalkongress soll binnen 30 Tagen einen Ministerpräsidenten ernennen, der dann sein Kabinett bildet. Die Zusammensetzung der Regierung muss anschließend vom Nationalkongress gebilligt werden. Die aktuelle Übergangsregierung, die vorwiegend aus Technokraten besteht, wird dann aufgelöst.

Der Kongress soll außerdem das Prozedere für die Wahl eines Verfassungsrates mit 60 Mitgliedern festlegen. Dieser soll direkt vom Volk gewählt und binnen 120 Tagen eine Verfassung ausarbeiten. Die Aufgabe der 60 Mitglieder dieses Rates ist immens, denn unter Gaddafi hatte Libyen gar keine Verfassung.

Ein Streitpunkt wird die Frage sein, wie künftig die Kompetenzen zwischen der Zentralregierung und den Regionen verteilt sein werden. Der Verfassungsentwurf muss von den 60 Mitgliedern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit plus eine Stimme verabschiedet werden. Bislang ist vorgesehen, dass auch die Wähler anschließend noch in einem Referendum über den Text abstimmen.

Nach der Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes sollen die Libyer dann im Juli 2013 ein Parlament wählen, aus dem eine neue Regierung hervorgehen soll. Experten halten diesen straffen Zeitplan allerdings für etwas überambitioniert.