Im Gesundheitsfonds klaffen riesige Löcher
Durch die Wirtschaftskrise brechen den Kassen Einnahmen in Milliardenhöhe weg.
Berlin. Auf die 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten und die Steuerzahler rollt eine wachsende Lawine an Gesundheitskosten zu. Drei Monate nach dem Start des Gesundheitsfonds zeichnen sich die Ausmaße des drohenden Milliardenlochs ab.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) gleicht Einnahmeverluste wegen der Rezession zwar aus Steuermitteln aus - aber 2011 muss der Fonds den absehbaren Kredit zurückzahlen. Zudem drohen schon im Wahljahr weitere Lücken. Der Ruf nach Nachbesserungen wird lauter.
Jetzt naht die Stunde der Wahrheit. Am 30. April wollen Kassen-, Regierungs- und Behördenexperten ihre Prognosen für das Krisenjahr revidieren. Die Chefin des dabei beteiligten Kassen-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, ist noch vorsichtig. "Wir gehen davon aus, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht spurlos an der gesetzlichen Krankenversicherung vorbei geht", deutet sie an.
Andere nehmen kein Blatt vor den Mund. Der Vorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Jacobs, geht von "einer Unterdeckung der Einnahmen von mehr als zwei Milliarden Euro" aus.
Der Chef der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, erwartet ein Defizit von mindestens 1,5 Milliarden Euro. In der Bundesregierung nahm man bisher eine Milliarde an. Je mehr Kurzarbeiter in die Arbeitslosigkeit rutschen, je weiter die Einkommen sinken, desto stärker erodieren aber auch die Kasseneinnahmen.
AOK-Vertreter Jacobs lobt wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) den Fonds in der Krise. "Er wirkt wie ein Schutzschirm", sagt er. Ohne die neue Geldsammel- und -verteilstelle schlügen Ausfälle direkt auf die Bilanz der Einzelkassen durch.
Doch die AOKen zählen auch zu den Gewinnern des neuen Fonds-Finanzausgleichs. Von den Betriebskrankenkassen hört man andere Töne. "Der Verlass auf Steuerquellen im Wahljahr 2009 ist ein völlig unstabiles Gerüst", sagt Klemens Pawisa, Vorstand des BKK-Verbandes Niedersachsen-Bremen.
Kailuweit zählt mögliche Lasten und Lücken auf. 750 Millionen Euro brauche die Krankenversicherung für eine vorgeschriebene Geldreserve, bis zu zwei Milliarden für die ab Sommer verpflichtenden Hausarztverträge. Und fast zwei Milliarden fehlten wegen immer weiter wachsender Ausgaben für Ärzte, Arznei und Kliniken ohnehin.