Ärztemangel: Immer weniger Hausärzte auf dem Land

Berlin (dpa) - Landärzte soll es nicht nur in idyllischen TV-Serien geben. Das hatte Gesundheitsminister Bahr bei den Beratungen seines Landarztgesetzes erklärt. Doch trotz aller Bemühungen offizieller Stellen droht der Kampf gegen den Ärztemangel vor allem auf dem Land zu scheitern.

Davor warnte der Chef des für die Ärzteplanung maßgeblichen Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von Ärzten, Kassen und Kliniken, Josef Hecken.

Vor allem viele Hausärzte könnten bald fehlen. Bereits heute kümmern sich weniger dieser Mediziner um die Basisversorgung als gedacht, wie der Hausärzteverband mitteilte.

Hecken warnte vor Einbrüchen bei der Infrastruktur in Landregionen mit überalterter Bevölkerung. Der öffentliche Verkehr werde dort oft schon ausgedünnt, medizinische Versorgung sei vielfach bedroht. „Ohne zügige Anpassungen bleibt eine immer größer werdende Anzahl oft auch mehrfach erkrankter Patienten ohne angemessene Versorgung zurück“, sagte Hecken der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Eigentlich sollte eine Anfang des Jahres in Kraft getretene Neuplanung des Ärztenetzes in Deutschland Abhilfe schaffen. Der G-BA hatte 3000 garantierte Möglichkeiten zur Praxiseröffnung für Hausärzte beschlossen. Doch die Umsetzung stockt nach den Worten Heckens. Verantwortlich dafür seien die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Ländern.

Sie nutzen viel zu zurückhaltend die Chance für regionale Besonderheiten. „Dabei können ihre Zulassungsausschüsse vom bundesweit beschlossenen Verhältnis von Hausärzten und Fachärzten abweichen“, erläuterte Hecken. Wo nötig könnten örtlich mehr Ärzte vorgesehen und Planungsbezirke eigens zugeschnitten werden.

Bei den Kassen sei das Interesse daran aber begrenzt, weil es in Regionen mit besonders vielen Arztsitzen im Gegenzug dadurch keinen Abbau gebe. „Und die Kassenärztlichen Vereinigungen haben wenig Interesse, weil sie fürchten, dass sie nicht genug Ärzte gewinnen“, kritisierte der G-BA-Chef.

Hecken forderte Kassen und Ärztevereinigungen auf: „Wir müssen angehenden Medizinern jetzt eine Perspektive durch Zugangsmöglichkeiten eröffnen.“ Darüber müsse bald Klarheit bestehen. „Wenn das nicht geschieht, droht das Ziel, die ländliche Versorgung abzusichern, in unerreichbare Ferne zu rücken.“

Anfang 2012 war das Versorgungsstrukturgesetz in Kraft getreten. Die Koalition wollte dem drohenden Ärztemangel begegnen. Der G-BA sollte eine flexiblere Ärzteplanung machen. In den nächsten Jahren gehen wohl über 40 000 Ärzte in den Ruhestand. Seit Jahren warnen auch Regierungsberater immer wieder vor zu wenig Allgemeinmedizinern.

Der Deutsche Hausärzteverband betonte, zwar gebe es auf dem Papier heute 50 000 Hausärzte. „Von denen sind allerdings 15 bis 20 Prozent nicht wirklich hausärztlich tätig“, sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt der dpa. Sie hätten sich zu Schwerpunktpraxen etwa für Krebs oder Diabetes entwickelt. „Auch deshalb gibt bereits heute Lücken bei der Grundversorgung, etwa auch bei Hausbesuchen“, sagte Weigeldt.

Bessere Planung bewirkt laut Weigeldt nicht automatisch, dass genügend Ärzte geplante Sitze auch besetzen. Dagegen sagte Hecken: „Die Planung kann gegen Ärztemangel vor allem auch bei Hausärzten wirken, weil Ärzte anders als früher nicht mehr direkt an ihrem Einsatzort wohnen müssen und es zugleich auch finanzielle Anreize gibt.“ Auch dies sieht das Landärzte-Gesetz von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor.