Altmaier will Ökostrom-Ausbau deckeln
Berlin (dpa) - Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) will den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland begrenzen, um ein Ausufern der Stromkosten für die Verbraucher zu verhindern.
„Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes absolut notwendig und unumgänglich ist“, betonte der Minister am Donnerstag in Berlin.
Altmaier will feste Quoten, etwa für die Frage, wo wie viele Windparks gebaut werden sollen. Die Planungen der Länder liegen hier teilweise 60 Prozent über dem Bedarf. Zudem soll sich der Ausbau danach richten, wo es Netze gibt, die den Strom aufnehmen können.
Ähnlich wie bei der Solarenergie, wo die Förderung bei einer installierten Leistung von 52 000 Megawatt auslaufen soll, sei eine solche Begrenzung auch für Wind und Biogasanlagen sinnvoll, betont der Minister in einem Vorschlag für eine EEG-Reform. Die Opposition und Umweltverbände warnten vor einem Ausbremsen der Energiewende.
Altmaier ließ offen, ob eine solche umfassende Reform noch vor der Bundestagswahl in einem Jahr möglich ist: „Qualität geht für mich vor Schnelligkeit.“ Er hat seine Vorschläge an alle Ministerpräsidenten und Bundestagsfraktionen verschickt und strebt eine Einigung im Konsens an. Dazu will Altmaier eine Beratergruppe mit 20 Persönlichkeiten aus Ländern, Wirtschaft und Gesellschaft einrichten.
Er bekannte sich klar zur Energiewende, aber man dürfe die Kosten nicht aus dem Blick verlieren. Die Ökostrom-Umlage wird 2013 auf ein Rekordniveau ansteigen. Zusammen mit höheren Netznutzungskosten und weiteren Energiewende-Umlagen droht einem Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden ein Strompreisanstieg um knapp 100 Euro. Besonders umstritten sind Rabatte für Unternehmen mit hohem Stromverbrauch, die die Kosten für die Bürger deutlich erhöhen.
Größter Knackpunkt bei einer Reform dürfte sein, ob die Länder bereit sind, von eigenen Ausbauzielen abzurücken - sie profitieren bei mehr Windparks und Biogasanlagen von höheren Steuereinnahmen. Zudem will gerade Bayern nicht abhängig werden von Windstrom aus dem Norden. „Wir müssen, dafür sorgen, dass der Ausbau in einem stetigen und berechenbaren Rahmen stattfindet“, sagte Altmaier.
Notwendig sei eine politische Festlegung von Ausbauzielen. Er wolle eine Reform, die über Jahre Planungssicherheit gebe. Erneuerbare Energien müssten rascher wettbewerbsfähig werden. Bisher erhalten Betreiber von Wind- und Solaranlagen auf 20 Jahre garantierte Vergütungen, die über den Marktpreisen liegen. Die Differenz zum festen Vergütungssatz wird per Umlage auf die Bürger abgewälzt. Das Problem: Sonne und Wind senken die Preise an der Strombörse, dadurch wächst aber die Differenz - und damit steigen auch die Umlagekosten für die Stromverbraucher.
Da es jetzt schon beim Strom einen Anteil erneuerbarer Energien von 25 Prozent gibt, will Altmaier das Ökostrom-Ziel bis 2020 von 35 auf 40 Prozent anheben. Bis 2050 sollen es weiter 80 Prozent sein. Mittelfristig soll es keine Förderung mehr für Ökostrom geben.
Mögliche Fehlentwicklungen bei Ausnahmen für stromintensive Betriebe bei der Ökostrom-Förderung will Altmaier prüfen. Allerdings beträfe der größte Teil der Rabatte Aluhütten und Stahlwerke, die im internationalen Wettbewerb stünden. Diese Ausnahmen sei schon von Rot-Grün eingeführt worden. „Es ärgert mich maßlos, mit welcher Unsachlichkeit darüber diskutiert wird“, betonte Altmaier.
FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler warf der Union „Zögerlichkeit“ beim Kampf um bezahlbare Energie vor. Nötig sei eine radikale Reform der Förderung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sei der Hauptkostentreiber, sagte Rösler der „Nordwest-Zeitung“.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hielt Altmaier Planlosigkeit vor. „Was er zur Energiewende und zu den Strompreissteigerungen vorschlägt, ist der Offenbarungseid für unzureichende Regierungsfähigkeit.“ Auch von den Grünen kam Kritik, sie forderten statt der Begrenzung des Ökoenergie-Ausbaus ein Durchforsten der Rabatte für stromintensive Unternehmen.
Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), lehnte wie die Erneuerbare-Energien-Branche Quoten oder Mengenbegrenzungen ab. „Das würde die Energiewende abwürgen.“