Anti-Terror-Gesetze werden um vier Jahre verlängert

Berlin (dpa) - Nach langem Koalitionsstreit werden die Anti-Terror-Gesetze um vier Jahre verlängert. Die Hürden zur Anwendung der Befugnisse werden aber teilweise erhöht. Die parlamentarische Kontrolle wird verstärkt.

Das gaben Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Mittwoch in Berlin bekannt. Während die Koalitionspartner und die Polizeigewerkschaften die Einigung positiv bewerteten, kam von der Opposition Kritik.

Bei den Anti-Terror-Gesetzen geht es vor allem um Auskünfte, die Nachrichtendienste zum Beispiel bei Banken und Fluggesellschaften über Terrorverdächtige abfragen können. Die Gesetze waren nach den Anschlägen vom 11. September 2001 beschlossen worden und bis Anfang 2012 befristet. Um ihre Verlängerung hatten die beiden Minister und die Koalition monatelang gestritten.

Wie Friedrich erklärte, können die Nachrichtendienste künftig bei zentralen Stellen Auskünfte über Flüge und Konto-Daten von Terrorverdächtigen einholen. Die SPD und die Grünen kritisierten diese zentrale Abfrage als Verschärfung der bisherigen Regelung, die Gewerkschaft der Polizei begrüßt genau diesen Punkt. Bislang mussten die Ermittler bei einzelnen Banken und Airlines um Auskunft bitten. Nicht umgesetzt wird die ursprüngliche Forderung des Innenministers, die Verweigerung von Auskünften mit Bußgeldern zu belegen.

Nach den Worten von Leutheusser-Schnarrenberger werden die Eingriffsschwellen erhöht. Es müssten Tatsachen vorliegen, um von bestimmten Befugnissen Gebrauch machen zu können. Die FDP setzte eine unabhängige Regierungskommission durch, die die Gesetzgebung im Sicherheitsbereich seit 2001 insgesamt kritisch betrachten soll. Die Kommission soll sich auch mit der Zukunft des Militärischen Abschirmdienstes MAD beschäftigen, den die FDP abschaffen will.

Friedrich erklärte, er habe auf ursprünglich vorgesehene Verschärfungen der Gesetze verzichtet. So wird es keinen Anspruch auf Auskunft über Inhalte von Bankschließfächern geben. Ganz wegfallen sollen unter anderem Auskunftsbefugnisse zum Postverkehr. Sie spielten im Internet-Zeitalter ohnehin kaum noch eine Rolle.

Die Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung ist nach wie vor ein großer Streitpunkt innerhalb der Koalition: Die Justizministerin hat zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt, den die Union aber für vollkommen unzureichend hält. Das Bundesverfassungsgericht hatte die alte Regelung, nach der Telefon- und Internetverbindungsdaten zur Kriminalitätsbekämpfung sechs Monate lang gespeichert wurden, im März 2010 gekippt, aber Wege zur Neuregelung aufgezeigt.

Innenminister Friedrich bekräftigte, dass die Sicherheitslage in Deutschland heute schwieriger sei als vor zehn Jahren. Deutschland stehe tatsächlich im Fadenkreuz internationaler Terroristen. Die Lage sei „unverändert schwierig“. Die Sicherheitsbehörden seien wachsam.

Die Grünen kritisierten die Einigung. Offenbar habe die FDP in der Koalition „Bürgerrechte gegen Steuersenkungen verdealt“, kritisierte der Grünen-Sprecher für Innere Sicherheit, Wolfgang Wieland. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz warf der FDP vor, bei den Verhandlungen über die Anti-Terror-Gesetze „umgefallen“ zu sein. Die Justizministerin habe sich nicht ansatzweise durchgesetzt, sagte Wiefelspütz der dpa. Insgesamt sei der Kompromiss aber vernünftig und dringend erforderlich gewesen.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einem „Erfolg bürgerlicher Politik“. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, es sei der Koalition gelungen, „die Sicherheitsinteressen des Landes mit dem Schutz der Grundrechte der Bürger zu versöhnen.“ Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte die „erweiterten Befugnisse, den Reiseverkehr und die Geldflüsse zu kontrollieren“. Dadurch werde die Bekämpfung der Schwerstkriminalität erleichtert. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) meinte, die Handlungsfähigkeit der Regierung müsse sich nun auch in den Gesprächen über die Vorratsdatenspeicherung zeigen.