Bundesrat Bundesrat billigt "Ehe für alle" - aber die Diskussion geht weiter
Berlin (dpa) - Historische Entscheidung nach jahrzehntelangem Ringen: Schwule und Lesben dürfen künftig in Deutschland heiraten und gemeinsam Kinder adoptieren.
Das Gesetz zur Öffnung der Ehe für Homosexuelle nahm am Freitag die letzte Hürde im parlamentarischen Verfahren. Das Vorhaben passierte den Bundesrat in der letzten Sitzung vor der Sommerpause. Die Länderkammer hatte den Gesetzentwurf selbst vor knapp zwei Jahren vorgelegt. Im Bundestag wurde das Thema danach aber immer wieder vertagt. Erst vor einer Woche hatte das Parlament Ja gesagt zur rechtlichen Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare gegenüber Heterosexuellen bei der Ehe. Dafür haben Schwule und Lesben jahrzehntelang gekämpft.
Die Debatte hatte vor einigen Tagen rasant Tempo aufgenommen, nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) überraschend vom klaren Nein der CDU in dieser Frage abgerückt war. Die übrigen Fraktionen im Bundestag machten daraufhin Druck, um eine schnelle Entscheidung zu erreichen. Nach einer emotionalen Debatte im Parlament votierten am Freitag vor einer Woche schließlich in einer offenen Abstimmung alle anwesenden Parlamentarier von SPD, Linken und Grünen für die Öffnung der Ehe - und auch 75 Abgeordnete der Union.
Vorgesehen ist dazu eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Unter Politikern und Juristen ist aber umstritten, ob nicht eigentlich eine Grundgesetzänderung nötig wäre.
Auch der Bundesrat billigte das - selbst angestoßene - Vorhaben nun. Kein Bundesland stellte einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses. Allerdings brachte Bayern in der Debatte der Länderkammer grundsätzliche Bedenken vor.
Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) beklagte, das Thema sei „im Hauruckverfahren“ im Bundestag behandelt worden. „Der Umgang mit diesem so wichtigen Thema ist unangemessen.“ Außerdem gebe es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Änderung im BGB anstatt im Grundgesetz. Bayern werde nun Juristen mit der Klärung der Rechtslage beauftragen. So, wie das Gesetz jetzt ausgestaltet sei, widerspreche es der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Ehe sei nach einem über Jahrhunderte geprägten Verständnis die Verbindung zwischen Mann und Frau.
Vertreter anderer Länder und des Bundesjustizministeriums widersprachen dem. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: „Dieser Gesetzentwurf ist verfassungsgemäß. Wir brauchen keine Änderung des Grundgesetzes.“
Die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), nannte die Entscheidung einen „Meilenstein“. Sie betonte: „Damit geht keinem heterosexuellen Paar etwas verloren. Niemandem wird etwas weggenommen.“ Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident, Daniel Günther (CDU), sagte: „Die Zeit ist reif.“ Jeder solle den Menschen heiraten können, den er liebe.
Bisher - seit 2001 - konnten schwule und lesbische Paare in Deutschland lediglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Die ist aber rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt, vor allem mit Blick auf das volle Adoptionsrecht. Solche Lebenspartnerschaften sollen künftig nicht mehr neu geschlossen werden, bereits bestehende bleiben aber erhalten - oder können in eine Ehe umgewandelt werden.
Bis die ersten schwulen oder lesbischen Paare heiraten können, wird es noch bis zum Herbst dauern. Nach der Billigung durch den Bundesrat muss der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnen. Drei Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt tritt es dann in Kraft.