Österreich will klagen Bundesrat gibt Weg für umstrittene Pkw-Maut frei

Berlin (dpa) - Der Weg für eine Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen ist nach jahrelangem Streit frei. Trotz Warnungen vor negativen Folgen für die Grenzregionen ließ der Bundesrat ein Gesetzespaket passieren, mit dem die EU-Kommission grünes Licht für die „Infrastrukturabgabe“ geben will.

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Eine mögliche Anrufung des Vermittlungsausschusses fand in der Länderkammer keine Mehrheit. Damit kann Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die weiteren Vorbereitungen für die bisher gestoppte Maut-Einführung angehen. Österreich kündigte „zeitnah“ rechtliche Schritte an.

Dobrindt sprach von einem „guten Tag für die Infrastruktur in Deutschland“. Die Pkw-Maut sichere Einnahmen von jährlich insgesamt vier Milliarden Euro zweckgebunden für Straßen-Investitionen. „Zum allerersten Mal beteiligen sich alle, die unsere Straßen nutzen, auch an deren Finanzierung“. Inländer würden nicht zusätzlich belastet.

Er verteidigte die Maut erneut gegen Kritik. Die Maut habe das „Prädikat der EU-Kommission“ zu ihrer Rechtmäßigkeit bekommen. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Das war ein langer Kampf. Wir haben jetzt das letzte Wahlversprechen erfüllt.“

Dem Bundesrat lagen Empfehlungen seiner Ausschüsse vor, den Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag anzurufen. Darüber wurde aber nicht mehr im einzelnen abgestimmt, nachdem schon allgemein keine Mehrheit dafür zustande kam. Das hätte das Maut-Verfahren kurz vor der Bundestagswahl am 24. September noch verzögern können.

Seehofer machte deutlich, dass unter den Ländern Überzeugungsarbeit für das im schwarz-roten Koalitionsvertrag verankerte CSU-Projekt nötig war. „Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der SPD-Vorsitzende haben ihre Verantwortung wahrgenommen, dafür zu sorgen, dass gegebene Versprechen erfüllt werden.“

Überraschend und anders als am Vortag angekündigt stimmte dann das rot-rot-grün-regierte Thüringen nicht für den Vermittlungsausschuss - damit fehlten für ein Vermittlungsverfahren die entscheidenden Stimmen. Der Erfurter Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sagte, man habe abwägen müssen, nachdem die CSU signalisiert habe, Pkw-Maut und Länder-Finanz-Verhandlungen miteinander verbinden zu wollen.

Der Bundesrat hatte noch mautfreie Autobahn-Abschnitte in Grenznähe gefordert, was Dobrindt erneut ablehnte. Der Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz, Volker Wissing (FDP), warnte vor Einbußen für Handel und Gastronomie. Der Aufwand passe nicht zu den Einnahmen, die Schäden für das europäische Zusammenleben seien inakzeptabel. Baden-Württembergs Ressortchef Winfried Hermann (Grüne) kritisierte „eine verheerende Signalwirkung“ für Europa.

Eigentlich war die Pkw-Maut schon 2015 beschlossen worden. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, werden die Gesetze aber noch nicht umgesetzt. Zentraler Streitpunkt war der Vorwurf einer Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland, da nur Inländer für ihre Maut voll über eine geringere Kfz-Steuer entlastet werden sollen. Dobrindt einigte sich im Dezember 2016 mit der EU-Kommission auf Änderungen am Modell.

Der Bundestag beschloss die Nachbesserungen bereits vergangene Woche. Sie betreffen die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland und eine höhere Maut-Entlastung für Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos bei der Kfz-Steuer. Am angestrebten Maut-Ertrag von 500 Millionen Euro pro Jahr nach Abzug der Kosten gibt es weiterhin Zweifel, ebenso an der Vereinbarkeit mit EU-Recht. Starten soll die Maut-Erhebung erst 2019. Dobrindt will nun eine europaweite Ausschreibung starten, mit der ein Betreiber für das Mautsystem gesucht wird.

Protest kam umgehend aus Österreich. Verkehrsministerium Jörg Leichtfried kündigte „zeitnah“ rechtliche Schritte an. „Ich halte diese Maut für diskriminierend und mit EU-Recht nicht vereinbar.“ Dobrindt forderte die Regierung in Wien erneut auf, „mit der Maut-Maulerei endlich aufzuhören“.