CDU und SPD Putschgerüchte und Fehltritte an den Parteispitzen
Berlin. · Um die Zukunft von Andrea Nahles (SPD) ranken sich wilde Spekulationen – die Union hadert mit AKK.
Manche Dinge geschehen einfach zur Unzeit. Andrea Nahles und die SPD bekommen dies jetzt zu spüren, aber auch die CDU und deren Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Ausgerechnet so kurz vor der Europawahl rumort es in beiden Parteien – es gibt Putschgerüchte und Fehltritte.
Für SPD-Chefin Nahles kam es am Freitag dicke. Laut Medienberichten solle sie bei einem vertraulichen Treffen Ende vergangener Woche ihren Vorgänger Martin Schulz wegen eines möglichen Putschversuchs zur Rede gestellt haben. Er wolle sie an der Fraktionsspitze ablösen, lautete wohl der Vorwurf. Schulz habe demnach in dem Gespräch mit Nahles ein Szenario entworfen, wonach sie wieder das Arbeitsministerium übernehmen könne, um öffentlich mit einem klaren Thema zu punkten. Auch soll er zuvor in zahlreichen Gesprächen seine Chancen sondiert haben.
Parteispitze weist Spekulationen zurück
Weder Nahles noch Schulz wollten sich am Freitag auf Nachfrage zu den Spekulationen äußern. Andere schon: „Ich glaube all den Dingen, die da berichtet werden, kein Stück“, so Parteivize Ralf Stegner. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, meinte: „An der Sache ist nichts dran.“
Allerdings gibt es schon länger Gerüchte über einen Aufstand gegen Nahles nach einer vermasselten Europawahl und einer satten Niederlage beim zeitgleich stattfindenden Urnengang in Bremen, wo die SPD seit 70 Jahren regiert. Abgeordnete nahmen kein Blatt vor den Mund: „Die Unzufriedenheit ist groß“, meinte einer. Ein anderer Insider erklärte: „Eigentlich wird Nahles nur geduldet.“ Sehr groß scheint der Frust zu sein, dass es der 48-Jährigen bisher in ihrer Doppelfunktion nicht gelungen ist, die SPD wieder auf Vordermann zu bringen. Im Gegenteil, in den Umfragen geht es für die Genossen weiter bergab. Hinzu kommen viele Fehler der Vorsitzenden: Ihr Umgang mit der Maaßen-Affäre oder ihre zum Teil zu jovialen Auftritte gehören dazu. Es gibt aber auch welche, die sie loben – so habe Nahles zum Beispiel den innerparteilichen Prozess bei der Abkehr von Hartz IV hin zu einem neuen Arbeitsmarktkonzept sehr gut moderiert, wurde unlängst betont.
Seit Wochen kursieren neben Schulz die Namen mehrerer möglicher Nahles-Nachfolger an der Fraktionsspitze, vor allem der des NRW-Abgeordneten Achim Post. Zuletzt wurde auch der Niedersache Matthias Miersch genannt. Die SPD-Landesverbände NRW und Niedersachsen sind besonders mächtig. Nun fürchten viele Genossen, dass die Debatte um Nahles der Partei auf den letzten Metern bis zur Wahl am Sonntag schaden könnte.
Kramp-Karrenbauer wegen Youtube-Video in der Kritik
In der Union wurde mit Spott auf die Spekulation reagiert: Die Wahlverliererin Nahles werde abgelöst, damit „der Super-Wahlverlierer Schulz übernimmt“, hieß es. Gleichwohl ist die CDU derzeit nicht viel besser dran. Ihr Erscheinungsbild ist kurz vor dem Urnengang ebenfalls angekratzt durch den Umgang mit dem Anti-CDU-Video des Youtubers Rezo. „Das war ein katastrophales Krisenmanagement“, verlautete es aus der Partei. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak habe versagt, und auch die Vorsitzende Kramp-Karrenbauer habe einen erneuten Fehltritt hingelegt. Ihr Hinweis, die CDU sei wohl auch für die „sieben biblischen Plagen“ verantwortlich, obwohl es zehn sind, sei „peinlich“ gewesen.