Klausur in Seeon CSU geht vor Sondierung auf Konfrontationskurs bei Migration

Berlin (dpa) - Kurz vor dem Start der Sondierungen von Union und SPD hat sich die CSU mit einem Forderungskatalog zu Sicherheit und Migration in Stellung gebracht, mit der sie auf Konfrontationskurs zu Sozialdemokraten geht.

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Die CSU-Landesgruppe im Bundestag beschloss bei ihrer Winterklausur im oberbayerischen Kloster Seeon ein fünfseitiges Papier, in dem sie einen strengeren Kurs in der Migrationspolitik verlangt. SPD-Chef Martin Schulz machte klar, dass er von einigen Forderungen der CSU rein gar nichts hält. Für Kritik sorgte auch, dass die CSU erneut den umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban einlud.

Die Forderungen der CSU hatten bereits in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt. Jetzt beschloss die Landesgruppe das Paket schließlich. Darin verlangt sie unter anderem Leistungskürzungen für Asylbewerber und standardmäßige Untersuchungen zur Altersfeststellung junger Flüchtlinge. Die CSU pocht außerdem weiter auf Beschränkungen beim Familiennachzug und eine Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme auf 200 000 Menschen pro Jahr. Und sie will Schutzsuchende verstärkt in ihre Heimat zurückschicken.

„Wir dürfen die Diskussion nicht nur in eine Richtung führen, nämlich die Flüchtlinge hier nach Deutschland holen, sondern auch umgekehrt: die Zusammenführung in Herkunftsländern ermöglichen und verstärken“, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. Die Zusammenführung von Binnenflüchtlingen im Irak laufe bereits im großen Stil. „Deswegen sollte es auch möglich sein, aus Deutschland irakische Familien wieder in ihre Heimat zurückzuführen.“

Anders sei die Situation in Syrien. Dort müsse zunächst die Sicherheitslage neu bewertet werden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte zuvor gesagt, es gebe aus seiner Sicht auch in Syrien durchaus die Möglichkeit der Familienzusammenführung.

Die Sozialdemokraten sehen das anders. Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen bezeichnete den Ruf nach der Rückführung von Syrern als „unstillbares Profilierungsbedürfnis der CSU“. Er sagte der „Welt“, es könne keine Rede davon sein, dass der Konflikt in Syrien beendet oder die Sicherheitslage in weiten Landesteilen besser geworden sei.

SPD-Chef Schulz betonte in der „Bild“, es dürfe auch nicht länger eine Beschränkung des Familiennachzugs für Syrer geben. Wenn die CSU bei ihrer Haltung bleibe, werde sich zeigen, „ob Frau Merkel und Herr Seehofer eine stabile Regierung mit der SPD bilden wollen oder nicht“. Den CSU-Ruf nach der standardmäßigen Altersfeststellung bei jungen Flüchtlingen wies Schulz ebenfalls zurück.

CDU, CSU und SPD wollen ab Sonntag mit ihren einwöchigen Sondierungen beginnen und Möglichkeiten einer Regierungsbildung ausloten - unmittelbar nach Ende der CSU-Klausur in Seeon. Das Thema Migration dürfte bei den Sondierungsgesprächen zu den Knackpunkten gehören.

Für den Fall, dass es zu keiner Neuauflage der großen Koalition kommt, wollen die Liberalen die CDU/CSU nicht hängen lassen. FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag): „Aus Sicht der FDP würden wir auch eine Minderheitsregierung der Union unterstützen. Erpressen lassen muss sich die CDU also nicht.“

SPD-Chef Schulz reagierte auch kritisch auf die CSU-Einladung an den ungarischen Regierungschef Orban. Dieser verfolge in der Asylpolitik eine gefährliche Logik, beklagte Schulz. „Ich erwarte, dass Herr Seehofer ihm bei diesem Thema und auch bei den Themen Presse- und Meinungsfreiheit ganz klare Grenzen aufzeigt.“

Ungarn konterte. „Martin Schulz ist sich über die grundlegenden Fakten nicht im Klaren“, sagte Außenminister Peter Szijjarto in Budapest. Ungarn verteidige die Schengen-Grenzen konsequent und setze damit europäisches Recht durch. „Schulz fällt aber jenem Ungarn, das die Bürger Deutschlands schützt, beständig in den Rücken.“

Auch Orban selbst verteidigte die harte Flüchtlingspolitik seines Landes. Nach seinem Besuch bei der CSU-Landesgruppe in Seeon sagte er, die Migrationsfrage sei in Europa zu einer „Demokratieproblematik“ geworden. „Die Europäer haben einen klaren Willen, man könnte sagen, der Wille des Volkes ist eindeutig: Sie wollen nicht unter Terrorgefährdung leben, sie wollen, dass es Sicherheit gibt, sie wollen, dass die Grenzen geschützt werden“, argumentierte Orban laut Übersetzung. Das europäische Volk werde Schritt für Schritt erzwingen, dass es in der Migrationsfrage Entscheidungen gebe, die in seinem Interesse seien.

Seehofer stellte sich klar hinter Orban. „Er steht zweifelsfrei auf einem rechtsstaatlichen Boden.“ Seehofer kündigte unter anderem eine Initiative zu einer verstärkten Zusammenarbeit der mitteleuropäischen Staaten an - und Ungarn werde dazugehören.

Ungarn steht in der EU in der Kritik, weil es Quoten bei der Flüchtlingsverteilung ablehnt. Darüber hinaus werfen Kritiker Orban vor, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn abzubauen. Der rechts-konservative ungarische Regierungschef gilt als Freund der CSU.