CSU-Parteitag: Die Union demonstriert Geschlossenheit
Beim CSU-Parteitag in Nürnberg herrscht zwischen der Kanzlerin und der CSU Harmonie.
Nürnberg. Das fängt ja gut an für die Kanzlerin. Als Angela Merkel am Freitag gegen 17 Uhr die Frankenhalle in Nürnberg betritt, ist der Begrüßungsapplaus der rund 1000 CSU-Delegierten zunächst schon mal recht freundlich. Merkel grinst, schüttelt ein paar Hände und als sie dann oben auf der Bühne das Wort ergreift, sagt sie keck: „Ob sie es glauben oder nicht, ich freue mich heute wieder richtig, bei ihnen auf einem CSU-Parteitag zu sein.“ In der Messehalle kommt Begeisterung auf. Streit? Zoff? Ablehnung? Nein. Harmonie pur ist jetzt angesagt.
„Ich danke herzlich für die Begrüßung“, schiebt Merkel erleichtert nach. Aus gutem Grund: Es ist noch gar nicht so lange her, da war das für sie ganz anders in der Höhle des bayerischen Löwen. Im November 2015, beim Parteitag in München, demütigte CSU-Chef Horst Seehofer die Kanzlerin auf offener Bühne mit einer 13 Minuten langen Belehrung zur Flüchtlingspolitik. Merkel stand da, mit verschränkten Armen und wirkte wie ein ungezogenes Schulkind. Bilder, die auch im Saal keiner vergessen hat. Jetzt wird ihre Rede sogar häufiger von Applaus unterbrochen. Skeptisch fragt Merkel einmal: „Gab es gerade ein Twitter-Signal zu klatschen?“ Die Delegierten feixen.
Merkel lobt die Gemeinsamkeiten, auch die Kompromisse, die man in der Zuwanderungspolitik eingegangen sei. „Stark sind CDU und CSU immer nur, wenn sie sich einig sind“, mahnt die Vorsitzende der Schwesterpartei. Zum Schluss ihrer Rede wendet Merkel sich an Seehofer: Irgendwann habe sie mal die Platte „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unser Liebe nicht“ aufgelegt. „Jetzt ist es wieder soweit.“ Die Halle tobt. Merkel ruft: „Die Schwächephase haben wir hinter uns, die Bereicherungsphase vor uns.“ Sie erhält Standing Ovations. Vor einem Jahr noch undenkbar. Aber Geschlossenheit wieder herzustellen, diese Kunst beherrschen die Unionsparteien perfekt. Um des Erfolges willen.
Dann schreitet Horst Seehofer zur Bühne, wie der alternde König von Bayern. Seehofer hat später mal erklärt, dass er im November 2015 Merkel nicht gesehen habe, weil sie hinter ihm stand. Diesmal hat er bereits vorher angekündigt, die Kanzlerin nicht aus den Augen lassen zu wollen. So kommt es auch. Fast comedyartige Szenen spielen sich ab. Merkel lacht schon vielsagend, als der CSU-Chef naht, verschränkt einmal kurz wie damals die Arme; Seehofer macht mit seiner Hand die Geste, Merkel nach vorne schieben zu wolle, doch die Kanzlerin zeigt auf den Bühnenrand. Der Saal ist verzückt. „Auch wenn Du es mir nicht glaubst, ich freu mich, dass Du da bist, beim CSU-Parteitag“, säuselt der Bayer. Und: „Wir sind geschlossen wie lange nicht mehr, und das ist ein ganz großer Wert.“ Versöhnung kann so schön sein. Wenn sie denn hält.
Seehofer ist ein politisches Auslaufmodell
Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass Seehofer ein politisches Auslaufmodell ist. Der innerparteiliche Machtkampf hat die CSU in eine katastrophale Lage geführt. Deswegen soll Seehofer heute als Parteichef zwar wiedergewählt, aber sein Widersacher Markus Söder zum Ministerpräsidenten-Kandidat für die Landtagswahl im Herbst 2018 gekürt werden. Bei der Begrüßung beider durch Scheuer erhält Seehofer Applaus, bei Söder mischt sich sogar Jubel darunter.