Debatte um muslimischen CDU-Kanzler Erst AKK, jetzt Brinkhaus – was ist nur los bei der CDU?
Exklusiv | Berlin · Zwei Neue, zwei Fettnäpfchen: Nach der Debatte über den AKK-Scherz diskutiert die CDU jetzt über einen muslimischen Kanzler.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei, heißt es. Nicht aber in der Union. Die tollen und närrischen Tage gehen bei den Christdemokraten offenbar weiter. Nach der kritischen Debatte über den Karnevalsscherz der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer zum dritten Geschlecht und ihrem Gegenangriff beim politischen Aschermittwoch in Demmin, sorgen nun Äußerungen von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus für Aufregung.
Der Neue an der Spitze der Fraktion, Nachfolger des langgedienten und im September vom Hof gejagten Fraktionschefs Volker Kauder, hatte der evangelischen Nachrichtenagentur „Idea“ auf die Frage, ob ein „Muslim im Jahr 2030 für die CDU Bundeskanzler werden“ könne, geantwortet: „Warum nicht, wenn er ein guter Politiker ist und er unsere Werte und politischen Ansichten vertritt.“ Nun ist die Unruhe in der Union erneut groß – und es gibt heftigen Widerspruch.
„Die Schlagzeile zum Interview von Herrn Brinkhaus hat viele Menschen unnötigerweise verunsichert“, so der Chef der konservativen Werteunion, Alexander Mitsch, zu unserer Redaktion. Brinkhaus habe es versäumt zu betonen, „dass unsere freiheitliche Grundordnung jedem Glauben an eine Religion vorgeht“. Auch müsse die Union das „C“ im eigenen Namen ernst nehmen, ergänzte Mitsch. Andere sahen die Äußerung des Westfalen ebenfalls kritisch oder hielten sie zumindest für unnütz: „Wir verunsichern unsere Stammwähler mit dieser Diskussion“, erklärte CDU-Bundesvorstand Elisabeth Motschmann. Demgegenüber mahnte der Innenpolitiker Philipp Amthor: „Ich würde das nicht überbewerten.“ Es sei nur um eine theoretische Frage gegangen, „die in ihrer praktischen Anwendung begrenzt ist“.
Kein Muslim hat in der CDU eine Spitzenfunktion inne
Da ist etwas dran, denn weit und breit ist kein Muslim in Sicht, der in der CDU bereits eine Spitzenfunktion innehat oder der sich anschickt, auf der innerparteilichen Karriereleiter in den nächsten Jahren nach oben zu klettern. Von Kanzlerformat bei muslimischen Männern oder Frauen in den Reihen von CDU und CSU ganz zu schweigen. Kurzum: Die Antwort auf diese Frage hätte sich Brinkhaus wohl sparen können.
Stattdessen steht er nun im Mittelpunkt einer Kontroverse fernab jeder aktuellen Realität. Und bei der es wohl um die immer wieder in der Union diskutierte Kernfrage geht, inwieweit Muslime zu Deutschland passen. Zuletzt hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit seinem Satz, „der Islam gehört nicht zu Deutschland“, polarisiert. Der politische Islam dürfe hierzulande auch keinen Einfluss gewinnen, „weil er nicht kompatibel ist mit unseren christlich-europäisch geprägten Werten“, warnte Werteunions-Chef Mitsch.
Zwei Neue, zwei Fettnäpfchen. Zwei, die unverhofft - oder beabsichtigt - für Aufreger gesorgt haben. So könnte man die Lage von Annegret Kramp-Karrenbauer, immerhin potentielle Kanzlerkandidatin, und Ralph Brinkhaus jetzt zusammenfassen. Während Kramp-Karrenbauer bei ihrem Auftritt im Demmin zum Gegenangriff blies und ihren Scherz verteidigte - „wir sind das verkrampfteste Volk, das auf der Welt herumläuft“ - schwieg Brinkhaus am Donnerstag lieber zu dem von ihm entfachten Disput. Und mit ihm die komplette erste Reihe der Union. Um die Diskussion ja nicht aufzuwerten und unnötig zu verlängern. Denn auch diese Einschätzungen gab es: „Seid ihr eigentlich alle noch ganz knusper? Unsere Kanzlerkandidaten fallen nicht vom Himmel, die kommen aus der Partei! Was für eine Phantom-Aufregung für eine ganz offensichtliche Bemerkung“, twitterte ein CDU-Mann.