Der Ausstieg aus der Schuldenspirale
Was der Bund erst im nächsten Jahr erreichen will, schaffen einige Länder schon länger. Der Osten und Bayern liegen vorn.
Berlin. Fast die Hälfte der 16 Bundesländer könnte kommendes Jahr ohne neue Schulden auskommen. Neben Bayern planen auch Berlin und die fünf Ostländer Haushalte ohne neue Kredite. Andere Länder setzen dagegen weiter auf neue Kredite. Die Schuldenbremse schreibt vor, dass spätestens 2020 alle Bundesländer ohne fremdes Geld auskommen müssen. Die Ostländer sind allerdings auch deshalb mit vorn, weil sie noch vom Solidarpakt und einer besonders hohen EU-Förderung profitieren.
Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland hat auch den größten Schuldenberg: rund 140 Milliarden Euro. Kommendes Jahr sollen nochmals rund 1,9 Milliarden an Krediten aufgenommen werden. Die Regierung sieht Nachbesserungsbedarf im Finanzausgleich. „Kredite aufnehmen zu müssen, damit andere Schulden tilgen können, ist kein Ausdruck eines fairen Ausgleichssystems“, sagt Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
Größter Geber im Länderfinanzausgleich ist Bayern — im nächsten Jahr sind dafür fast fünf Milliarden Euro eingeplant. Das ist der größte Einzelposten im Haushalt von rund 52 Milliarden Euro. 2015 soll bereits eine halbe Milliarde der rund 30 Milliarden Euro Schulden getilgt werden. Von solchen Zahlen können Baden-Württemberg und Hessen trotz großer Wirtschaftskraft nur träumen. Sie planen für 2015 noch eine Schuldenaufnahme von 768 beziehungsweise 730 Millionen Euro. Die Regierung in Stuttgart will 2016 dann darauf verzichten und 2020 mit der Tilgung beginnen. Hessen will 2019 den ersten ausgeglichenen Etat erreichen. Niedersachsen will die Neuverschuldung 2015 auf 600 Millionen Euro senken.
Zu den Ländern im Osten, die bereits Kredite zurückzahlen, gehört in erster Linie Sachsen. Es nimmt ebenso wie Mecklenburg-Vorpommern seit 2006 keine Schulden mehr auf. Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) berichtet: „Es wurden sogar jährlich Schulden im Sinne einer generationengerechten Haushaltspolitik getilgt.“ Mecklenburg-Vorpommern, das ebenfalls schon getilgt hat, plant für 2015 „nur“ eine schwarze Null. Sachsen-Anhalt und Thüringen zahlten 2012 erstmals Schulden zurück, Brandenburg 2013. Brandenburg und Thüringen haben ihre Etats zwar noch nicht durch die Landtage gebracht, wollen aber keine neuen Schulden mehr. Selbst das mit fast 62 Milliarden Euro extrem verschuldete Berlin baut ab: 226 Millionen.
Als Problemkinder gelten Bremen und das Saarland. Bremen will kommendes Jahr bei einem Haushalt von rund 4,9 Milliarden Euro 320 Millionen neue Schulden aufnehmen — ohne Konsolidierungshilfen wären fast doppelt so viel notwendig. Das Saarland plant nächstes Jahr 360 Millionen Euro neue Schulden bei knapp vier Milliarden Haushaltsvolumen. Auch Rheinland-Pfalz plant 2015 neue Kredite ein — und Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) verweist auf die Zahlungen an Ostdeutschland. „Hätte Rheinland-Pfalz solche Zusatzeinnahmen gehabt, hätte das Land im Jahr 2013 mit einem Überschuss von rund 1,5 Milliarden Euro seinen Haushalt abgeschlossen.“
Schleswig-Holstein plant kommendes Jahr 262 Millionen Euro neue Schulden und will sein strukturelles Defizit bis 2020 auflösen. Hamburg machte bereits dieses Jahr wegen hoher Einnahmen keine neuen Schulden. In der Planung für 2015 bleibt es aber bei 231 Millionen Euro neuen Schulden bei Ausgaben von 12,3 Milliarden.