Der Bundespräsident und der Streit um den Fiskalpakt
Kanzlerin Merkel weist Berichte über Einflussnahme auf Gauck zurück. Vier Staatschefs kündigen Wachstumspakt an.
Berlin/Rom. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Spekulationen über eine versuchte Einflussnahme auf Bundespräsident Joachim Gauck beim Fahrplan zur Eurorettung zurückgewiesen. „Die Bundeskanzlerin hat niemals mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck über die Frage und den Zeitpunkt der Ausfertigung der Gesetze zu ESM und Fiskalpakt gesprochen“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter.
Merkel sei davon überzeugt, dass jedes Mitglied der Bundesregierung genau wie sie selbst die Unabhängigkeit der Verfassungsorgane achte. Gauck, der am Dienstag 100 Tage im Amt ist, hatte angekündigt, dass er die Gesetze wegen drohender Klagen vorerst nicht unterschreiben wird. Damit kommt er einer Bitte der Verfassungsrichter nach, die über mehrere Anträge auf einstweilige Anordnung entscheiden wollen. Dies bedeutet, dass der ESM wohl nicht wie geplant am 1. Juli in Kraft treten kann.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte berichtet, dass Merkel offenbar zunächst versucht habe, Gauck dazu zu bewegen, die Gesetze sofort nach der Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat am nächsten Freitag auszufertigen.
Derweil hat sich Merkel mit Italiens Regierungschef Mario Monti, Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy darauf geeinigt, ein 130 Milliarden Euro schweres Paket für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa zu schnüren. „Wir sind uns einig, das Wachstum muss angekurbelt werden“, sagte Monti. Das Paket entspreche einem Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung.
Zugleich will sich das Quartett auf dem EU-Gipfel nächste Woche für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen. „Die Lehre aus der Krise ist nicht weniger Europa, sondern mehr Europa“, sagte Merkel. Damit wächst die Chance, dass eine solche Steuer zumindest in einem kleineren Kreis von EU-Ländern eingeführt wird. dpa/Red