Landtagswahlen AfD wird Volkspartei im Osten

Berlin · Die AfD landet in Brandenburg und Sachsen auf Platz Zwei. Der rechte Höcke-Flügel wurde gestärkt, laut Spitzenkandidat Andreas Kalbitz habe an diesem Sonntag nur noch das Sahnehäubchen gefehlt.

Andreas Kalbitz, Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl in Brandenburg, spricht auf der AfD-Wahlparty nach der Bekanntgabe erster Ergebnisse

Foto: dpa/Gregor Fischer

Geradezu euphorisch reagiert Sachsens AfD-Spitzenkandidat Jörg Urban, kaum dass die ersten Prognosen bekannt geworden sind. „Heute ist ein historischer Tag“ ruft er im Dresdener Landtag aus. Vor Ort ist auch Parteichef Jörg Meuthen, ähnlich begeistert: „Viel besser kann es nicht laufen“, sagt er. Von 9,7 auf über 27 Prozent, eine Verdreifachung des Ergebnisses. Das ist tatsächlich eine Sensation. In Brandenburg ist der Zuwachs nur etwas geringer, es bleibt dort bei einer Verdopplung auf rund 24 Prozentpunkte. Dort sagt Spitzenkandidat Andreas Kalbitz, es habe an diesem Sonntag nur noch das Sahnehäubchen gefehlt. Nämlich stärkste Partei zu werden.

Das ist an diesem Abend der einzige Hinweis darauf, dass alle Blütenträume der Rechten doch nicht aufgegangen sind. In beiden Ländern hatte man sich die Hoffnung gemacht, auf Platz Eins zu landen. Nicht, um den Ministerpräsidenten zu stellen, damit rechnete man realistischerweise nicht. Denn mit der AfD will niemand koalieren. Jedoch hätte ein solches Ergebnis für erhebliche Erschütterungen bei CDU und SPD gesorgt, die bis nach Berlin gereicht hätte. Diese Gefahr mobilisierte am Ende offenbar viele Unterstützer beider GroKo-Parteien, die im Schlussspurt deshalb dann doch noch zulegten.

Nach den ersten Daten sind viele bisherige Nichtwähler zur AfD gestoßen. In beiden Ländern stieg die Wahlbeteiligung deutlich. Sorgsam registriert wird am Wahlabend auch, dass die Zuwächse der AfD dort am stärksten sind, wo der Bevölkerungsschwund am größten ist, also in den so genannten abgehängten Gebieten. In wachsenden Gegenden wie Leipzig sind ihre Wahlanteile unterdurchschnittlich.

In beiden Ländern ist die Partei nun stärkste Oppositionspartei. Für Kalbitz ist das nur eine Zwischenphase – bis zum Regieren. „Der Weg zu Verantwortung geht nur über die harte Oppositionsbank“, sagt er in Potsdam. In Sachsen wird die AfD ihre errungenen 39 Sitze nicht alle besetzen können. Die Landeswahlleitung hatte, vom Landesverfassungsgericht bestätigt, nur 30 von 60 Kandidaten zugelassen, weil die Aufstellung der Listen nicht ordnungsgemäß erfolgt war.

Kalbitz wie Urban gehören dem rechten „Flügel“ der Partei an, der von Björn Höcke (Thüringen) ideologisch geleitet wird. Dieser Flügel ist nun gestärkt und könnte Ende November, wenn auf einem Parteitag die Führung neu bestimmt werden muss, Machtansprüche stellen. Mindestens Co-Parteichef Alexander Gauland scheint das zu ahnen. Es fällt jedenfalls auf, wie oft er an diesem Abend sagt, dass die AfD eine „bürgerliche“ Kraft sei. Und auch, dass er den Parteiausschluss der schleswig-holsteinischen AfD-Landeschefin Doris von Sayn-Wittgenstein wegen ihrer Kontakte zu Rechtsextremisten verteidigt. „Sie gehört nicht in die Partei.“ Vor zwei Jahren hatte der Höcke-Flügel sie noch als Parteichefin vorgeschlagen – und fast durchgesetzt.