Wer ist wer? Das sind Brandenburgs Spitzenkandidaten
Potsdam · Die Spitzenkandidaten der sieben größeren Parteien in Brandenburg im Kurzporträt.
Dietmar Woidke - Landesvater mit Humor und Herausforderungen
Als Dietmar Woidke 2013 das Regierungsruder von Matthias Platzeck als Ministerpräsident übernahm, mochte er auf den ersten Blick weniger zugänglich wirken als sein Vorgänger. Inzwischen klopft auch er auf Schultern und macht humorige Sprüche. Der studierte Agraringenieur wurde 2004 zunächst Landwirtschaftsminister, später SPD-Fraktionschef und dann Innenminister. Bei der Wahl 2014 setzte der Lausitzer die SPD-Siegesserie fort. Seine „schwerste politische Entscheidung“ war die Absage der Kreisgebietsreform in Brandenburg. Ein wichtiges Thema für den 57-Jährigen ist der Strukturwandel in der Lausitz. Der verheiratete Vater einer Tochter ist Rockmusikfan.
Herausforderer Ingo Senftleben: Modernisierer und Brückenbauer
Der gelernte Maurer und Hochbautechniker Ingo Senftleben versteht sich als Modernisierer der Partei und Brückenbauer über die politischen Lager hinweg. Der 45-Jährige flirtet offen mit den Grünen und schließt auch eine Koalition mit der Linken nicht aus. Zum Hauptgegner im Wahlkampf hat Senftleben SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke erklärt. Auf Wahlplakaten präsentiert sich der CDU-Landeschef bereits als Ministerpräsident, obwohl die CDU in den Umfragen bisher nicht vorn liegt. Mit seinem moderaten und liberalen Kurs erntet Senftleben im konservativen Teil seiner Union teils offenen Widerstand.
Andreas Kalbitz - AfD-Landeschef und Provokateur
Der ehemalige Fallschirmjäger trat 2013 in die AfD ein und kam 2014 in den Brandenburger Landtag. Der gebürtige Münchner war früher CSU-Mitglied. Von Alexander Gauland, seinem politischen „Ziehvater“, übernahm er 2017 den Landesvorsitz, später auch den Posten als Fraktionschef. In Reden spitzt er gern zu. Kalbitz wird zum rechtsnationalen „Flügel“ von Björn Höcke in der Partei gezählt. Im Jahr 2007 nahm er an einem Pfingstcamp der rechtsextremen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) teil. Später führte er den rechtsextremen Verein „Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit“, den der Ex-SS-Hauptsturmführer und NPD-Funktionär Waldemar Schütz mitbegründet hatte. Nachdem dies 2015 bekannt wurde, legte Kalbitz den Vereinsvorsitz nieder. Er ist verheiratet und Vater dreier Kinder.
Ursula Nonnemacher - Wortgewandte Quereinsteigerin
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Ursula Nonnemacher, würde nach einem Erfolg bei der Landtagswahl im Herbst auch das Amt der Ministerpräsidentin übernehmen. Die 62 Jahre alte Ärztin aus Wiesbaden sitzt seit 2009 im Landtag. „Der große Erfolg bei den Kommunalwahlen Ende Mai gibt uns Rückenwind“, sagt Nonnemacher. Sie hat sich bereits als Fraktionschefin der zu Ende gehenden Wahlperiode Respekt erworben. Sie kann sehr umgänglich, aber auch hartnäckig sein. Nonnemacher ist offen für eine mögliche Koalition mit der CDU - und sieht die SPD nicht automatisch als Partner.
Benjamin Raschke - Vom Agrarfachmann zum Spitzenkandidat
Der Grünen-Co-Spitzenkandidat Benjamin Raschke ist ein Rückkehrer. Er wurde in Lübben im Spreewald geboren und studierte in Konstanz am Bodensee Politik, Philosophie und Jura. Er kam als Grüner zurück in die Lausitz. Der 36-Jährige macht dort „Pionierarbeit“, wie er sagt. Raschke ist einer der Landtagsabgeordneten mit den meisten Anfragen an die Landesregierung. Seine Bandbreite an Themen ist groß: Insektenschutz, artgerechte Tierhaltung, ökologischer Landbau, sauberes Wasser in den Flüssen, das Ende der Tagebaue in seiner Heimat und die Renaturierung.
Kathrin Dannenberg - Lehrerin mit Herz für Mutige
Kathrin Dannenberg gehört zum Spitzenkandidaten-Duo der Linken für die Landtagswahl. Die 53 Jahre alte Lehrerin stammt aus Leisnig in Sachsen, ist verheiratet und hat eine Tochter. Im Jahr 2010 erhielt sie den Deutschen Lehrerpreis. Dannenberg arbeitet mit Kindern und Jugendlichen - daher liege ihr das Schlüsselvorhaben der Linken „Gute Bildung und Lebenschancen für alle von Anfang an“ besonders am Herzen, sagt sie. Vorbilder sind für Dannenberg alle Menschen, die mutig sind, ob im Alltag oder in der Politik. Sophie Scholl, Rosa Luxemburg, Nelson Mandela seien solche Menschen, aber auch ein junges Mädchen, das auf der Straße Zivilcourage zeige.
Sebastian Walter - Jungstar der Linken
Sebastian Walter ist mit 29 Jahren der Jüngste unter den Bewerbern und Teil des Spitzenkandidaten-Duos der Linken. 1990 geboren, kennt er die DDR nur aus Erzählungen. Seine Politik-Karriere begann Walter als 14-Jähriger in der Linksjugend. Mit 22 Jahren wurde er der bisher jüngste stellvertretende Vorsitzende eines Linke-Kreisverbandes im Land. Mit 26 war er der jüngste Gewerkschaftssekretär. Seine Partei wolle sich als „Stimme des Ostens“ für gleichwertige Lebensbedingungen einsetzen, sagt Walter.
Hans-Peter Goetz - Liberaler mit Ambitionen auf ein Regierungsamt
FDP-Spitzenkandidat Hans-Peter Goetz ist ein bekanntes Gesicht in der Brandenburger Landespolitik - obwohl er nach der Landtagswahl 2014, als die Liberalen mit 1,5 Prozent Zweitstimmen aus dem Landtag flogen, lange von der politischen Bühne verschwunden war. Umso entschlossener tritt er im Wahlkampf auf, mit Dreitage-Bart und offenem Hemd erinnert Goetz auf den Wahlplakaten an seinen Parteichef Christian Lindner. Im Jahr 2009 brachte er die FDP mit 7,2 Prozent in den Landtag. Dieses Spitzenergebnis möchte er diesmal möglichst noch toppen. Und er möchte mitregieren: Inhaltliche Schnittmengen sieht der Rechtsanwalt mit SPD, CDU und Grünen.
Péter Vida - streitbarer Rechtsanwalt aus der Kommunalpolitik
Der Rechtsanwalt Péter Vida kommt aus der Kommunalpolitik. Er zog 2014 aufgrund der Grundmandatsklausel mit zwei weiteren Abgeordneten von BVB/Freie Wähler in den Brandenburger Landtag ein. Der streitbare Jurist mit deutschen und ungarischen Wurzeln punktete zuletzt mit einer Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, die vom Landtag im Sommer umgesetzt wurde, nachdem gut 108.000 Bürger unterschrieben hatten. Der 35 Jahre alte gebürtige Schwedter hofft auf ein Direktmandat in seinem Wahlkreis Barnim II, das den Freien Wählern erneut über die Grundmandatsklausel den Einzug in den Landtag ermöglichen würde, auch wenn sie unter der 5-Prozent-Hürde bleiben.