Meinung Die Rettung des Waldes ist eine Herkulesaufgabe
Meinung · Es ist der Verdienst von Agrarministerin Julia Klöckner, dass der desolate Zustand der deutschen Wälder durch den Klimawandel Ernst genommen wird.
Erinnerungen werden wach. An die 1980er Jahre, als das Waldsterben die Deutschen aufrüttelte und Zigtausende auf die Straße trieb, um gegen den „sauren Regen“ und für schärfe Umweltauflagen zu demonstrieren. Mit Erfolg. Soweit ist es heute noch nicht. Aber dem deutschen Wald geht es angesichts der Klimaveränderungen und der damit verbundenen langen Dürreperioden mindestens genauso schlecht wie damals. Manch einer behauptet sogar: schlechter.
Was passieren kann, wenn aus politischer Ignoranz und populistischer Verwirrtheit nichts geschieht, lässt sich derzeit anhand der Feuer im brasilianischen Amazonas-Gebiet beobachten. Im Amazonas stirbt ein außergewöhnliches und für die Welt extrem wichtiges Ökosystem – und Brasiliens Präsident hält die Lunte weiter in der Hand. Auch in Deutschland haben Hitze oder Borkenkäfer ganze Wälder dahin gerafft. Ein Unterschied ist freilich, dass politisch überhaupt kein Zweifel daran besteht, gegensteuern zu müssen. Das ist nicht nur, aber auch der Verdienst von Agrarministerin Julia Klöckner.
Sie hat angesichts des Problemdrucks das Thema für sich entdeckt, sicherlich publikumswirksam. Das gehört jedoch zur Politik dazu. Klöckner hat sich akribisch eingearbeitet in die Materie und war in den letzten Wochen bei unzähligen Terminen vor Ort. Krisenmanagement kann die Rheinland-Pfälzerin. Das hat die CDU-Frau auch schon im vergangenen Jahr gezeigt, als sie wegen der Ernteschäden den nationalen Notstand ausrief und Finanzhilfen für die Bauern auf den Weg brachte.
Beim Wald hat Klöckner freilich nicht so ein leichtes Spiel. Den Wald von der Struktur her sinnvoll und damit klimaresistent aufzuforsten, wird weitaus teurer als Landwirte mit ein paar Millionen wegen einer schlechten Ernte zu entschädigen. Klöckner selbst hofft auf eine halbe Milliarde Euro aus dem Klimafonds, die Branche spricht jedoch von über zwei Milliarden Euro, die benötigt werden. Beim Waldgipfel Ende September droht somit massiver Streit um die Höhe der Mittel.
Das Geld ist freilich nicht das Hauptproblem: Für viele Waldbesitzer ist ein Baumbestand weggebrochen, in den über Generationen hinweg investiert wurde. Zur Wiederaufforstung braucht es viel Zeit und Personal, an dem es besonders mangelt. Und es macht auch erst dann Sinn, wenn zuvor die immense Menge an Schadholz abgeräumt ist. Bisher weit mehr als 70 Millionen Festmeter. Das wird eine weitere Herkulesaufgabe. Land- und Forstwirte, vor allem die Kleinstwaldbesitzer sind gar nicht in der Lage, dies allein zu stemmen. Doch wer soll das leisten?
Damit ist nur ein Teil der Probleme beschrieben. Den Wald zu retten, ist eine komplizierte Aufgabe. Er muss aber gerettet werden. Das hat die Branche verstanden, die Ministerin zum Glück auch.