Vor Hessenwahl Die Sorge der CDU vor der nächsten Pleite

Berlin · Nach dem Debakel der CSU in Bayern ist der Urnengang in Hessen für die Schwesterpartei besonders wichtig – auch für die Kanzlerin.

Sorgenvolle Blicke der CDU-Granden: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier. Foto: dpa

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Volker Bouffier heftete sich am Montag einen gelben Button ans Revers, den er auch gleich in den Parteigremien verteilen ließ: „Jetzt geht’s um Hessen“, stand darauf. Der Spruch war auch auf dem neuen Wahlplakat für den Schlussspurt zu lesen, das der Ministerpräsident zusammen mit CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin präsentierte. Schön wäre es aus Sicht der Union, wenn sich so einfach alle negativen Einflüsse von außen abhalten ließen.

In zwei Wochen wird in Hessen gewählt. Nach dem Debakel der CSU in Bayern ist der Urnengang gleich in mehrfacher Hinsicht eine Schicksalswahl für die CDU. Zum einen, weil es für Volker Bouffier um den Machterhalt und den Verbleib im Amt geht. Und damit auch um den Einfluss seiner Partei im Bundesrat – ohne Bouffier würde die CDU nur noch fünf Ministerpräsidenten stellen. Zum anderen, weil sich die Hessen-Wahl erheblich auf die politische Zukunft der Kanzlerin auswirken dürfte.

Denn: Fährt ihr Stellvertreter im CDU-Vorsitz eine drastische Niederlage ein, gerät Merkel in stürmische See. Sie will Anfang Dezember auf dem Parteitag in Hamburg wieder zur Vorsitzenden gewählt werden, was ohnehin schon ein heikles Unterfangen wird, da die Union derzeit in den Umfragen nur noch bei 26 Prozent rangiert. Eine Zahl, die die Unionsgranden sehr besorgt, wie gestern deutlich wurde. Den Vertrauensverlust lasten viele Christdemokraten Merkel an. Gut möglich ist, dass nach einem Hessen-Debakel jemand versucht sein wird, ernsthaft eine Revolution anzuzetteln. Das Beispiel Ralph Brinkhaus und sein überraschender Sieg über Volker Kauder bei der Wahl zum Unionsfraktionschef zeigt, dass inzwischen in der CDU vieles möglich ist, was früher undenkbar war.

Diese Lage schwang bei den CDU-Beratungen über den Ausgang der Bayernwahl mit. Das vorgestellte Plakat stand dabei sinnbildlich für die Marschroute, die sich die Partei in den kommenden 14 Tagen auferlegen will. Kein neuer Streit, möglichst nichts Negatives, was den Wahlkämpfern in Hessen ein Bein stellen könnte. Bouffier bläst laut Umfragen der Wind kräftig ins Gesicht, die Fortsetzung seiner schwarz-grünen Koalition ist ungewiss.

Ebenso, ob die CDU stärkste Partei bleibt. Der Berliner Dauerstreit stoße die Bürger eben ab, meinte er am Rande der Sitzung. In den Gremien war dies dem Vernehmen nach auch die Analyse der Kanzlerin. Das bayerische Ergebnis sei ein Reflex auf den Streit zwischen CDU und CSU, auch auf den Ton in der Auseinandersetzung, hieß es. Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer meinte: „Eine Politik, die auf diese Weise miteinander umgeht, findet keine Zustimmung beim Wähler. Diese Botschaft ist angekommen.“

Landtagswahl in Bayer - Sitzverteilung. Grafik: A. Brühl, Redaktion: A. Stober

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Noch schärfer ging im hohen Norden Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mit der CSU ins Gericht: Der Politikstil, den die Partei pflege, „passt nicht mehr in die Zeit“. Die CSU müsse „insgesamt über ihre Führung nachdenken“. Also auch über die Zukunft von Parteichef und Innenminister Horst Seehofer. Der will aber nicht weichen. Prompt schoss CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in alter Manier zurück: Was „der Genosse Günther“ gerade im Sommer an Positionen verbreitet habe, etwa hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei, habe auch keine Orientierung gebracht.

Der Disput lässt nichts Gutes für die nächsten Tage erahnen. Merkel selbst erklärte am Nachmittag, ihre Lehre aus der Bayern-Wahl sei, „dass ich auch als Bundeskanzlerin dieser großen Koalition stärker dafür Sorge tragen muss, dass Vertrauen da ist und damit auch die Resultate unserer Arbeit sichtbar werden“. Nur wie sie das anstellen will, erläuterte Merkel aber nicht.