Dreikönigstreffen FDP setzt auf baldiges Groko-Scheitern

Berlin · Bei dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart umwirbt Lindner enttäuschte Sozialdemokraten. Die Liberalen, so scheint es, haben 2020 einiges vor.

Christian Lindner kritisierte vor allem die SPD scharf. Ihren neuen Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans nannte er einen „Verfassungsbrecher“.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Zeichnung einer Rakete hatte die FDP diesmal als Logo für ihr Dreikönigstreffen gewählt, den Bühnenhintergrund im Stuttgarter Staatstheater zierte ein überdimensionales Foto der Milchstraße. „Bleiben wir frei. Denken wir groß“, stand über allem. Die Liberalen, so scheint es, haben 2020 einiges vor: die Ablösung der Regierung und, wenn möglich, ihre eigene Beteiligung an einer neuen.

Das war schon im Vorfeld der Veranstaltung der Tenor aller Interviews gewesen, die die Parteispitze zur Einstimmung gestreut hatte. So hatte der Vorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, neue Jamaika-Gespräche mit Union und Grünen nach Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Sein Vertrauter, der Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann, hatte einen Machtwechsel von Angela Merkel zu Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) mit Hilfe von SPD-Überläufern ins Gespräch gebracht.

Die Veranstaltung bot noch eine dritte Variante: „Es ist alles besser als der Status Quo, auch eine vorübergehende Minderheitsregierung“, rief Lindner aus. Die Formulierung erinnerte ein wenig an seinen Satz Ende 2017, mit dem er die Koalitionsgespräche mit Union und Grünen platzen ließ: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Nun also anders herum. „Wir waren und sind bereit zur Übernahme von Verantwortung“, fügte der Parteichef noch hinzu.

Es blieb so eher der Eindruck: viel Selbstbewusstsein – und wenig klare Strategie. Nicht nur bei Lindner. Gleich zu Beginn der Veranstaltung malte Baden-Württembergs Landeschef Michael Theurer in seiner Begrüßungsrede mit krächzender Stimme – er hatte tags zuvor einen Landesparteitag zu absolvieren gehabt – eine liberal-grüne Regierung für das Ländle als neue Möglichkeit an die Wand: „Wenn es rechnerisch diese Option gibt, schließen wir Gespräche nicht aus.“ Was der örtliche Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke kurz darauf mit einer betont autofreundlichen Rede praktisch direkt konterkarierte. Rülke wetterte gegen den grünen Verkehrsminister Winfried Hermann und sagte: „Wir müssen dem klimafreundlichen Verbrennungsmotor eine Chance geben.“

Lindner: Deutschland steht schlechter da

Christian Linder sprach mehr als eine Stunde lang. Ohne Manuskript, wie immer, mitunter die linke Hand in der Hosentasche. Das Dreikönigstreffen ist seine Show. Der erst 40-Jährige ist auf dieser Bühne schon seit zehn Jahren zu Hause, wie er erinnerte. Er nahm das zum Ausgangspunkt, um darzulegen, dass Deutschland nach diesen zehn Jahren in vielen Bereichen nicht besser, sondern schlechter dastehe. Vor allem an der SPD ließ er kein gutes Haar. Den neuen SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans nannte er einen „notorischen Steuererfinder und Verfassungsbrecher“. Die Liberalen hoffen ganz offenbar, enttäuschte Genossen zu sich herüberziehen zu können. Lindner zitierte demonstrativ den gerade aus der Partei ausgetretenen SPD-Mittelstandsbeauftragten Harald Christ und begrüßte zudem im Publikum als neues FDP-Parteimitglied den früheren rheinland-pfälzischen Sozialminister und Sozialdemokraten Florian Gerster.

Ihre Redepremiere hatte in Stuttgart die neue Generalsekretärin Linda Teuteberg, 38, die im Publikum viele Sympathiepunkte einheimste. Vor allem, weil sie als gebürtige Ostdeutsche den Linken in der SPD („Kevin aus West-Berlin“) ebenfalls ordentlich einheizte. Wenn auch mit leiser Stimme und einem Lächeln im Gesicht. „Sozialismus macht nicht frei oder sexy, der macht arm.“ Das altväterliche Lob ihres Vorsitzenden für diesen Auftritt („Respekt und Gratulation“) hätte sie, das zeigte der Beifall, eigentlich gar nicht gebraucht.