Eine Maut brächte Milliarden

Minister Ramsauer braucht das Geld für die Reparatur und den Ausbau des Straßennetzes.

Berlin. Womöglich weiht Peter Ramsauer seine indischen Gastgeber in diesen Tagen in die Kunst des Luftballon-Steigenlassens ein. Der Bundesverkehrsminister, derzeit auf Dienstreise in Neu Delhi und Mumbai, ist als ehemaliger CSU-Landesgruppenchef ein wahrer Meister darin, ganz besonders, wenn es um die Pkw-Maut geht.

Der CSU-Politiker hatte 2009 schon früh nach der Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb einen solchen Maut-Ballon in die Höhe geschickt. Einfach mal sehen, was passiert. Denn dem umtriebigen Ramsauer aus dem nach eigenen Angaben „schönsten Wahlkreis“ der Republik im oberbayerischen Traunstein, nahe Österreichs Grenze, liegen seine Wähler in den Ohren.

Diesseits der Grenze ärgern sich die Menschen, dass die Alpen-Nachbarn mautfrei mit ihren Autos über deutsche Autobahnen rollen dürfen, während in Österreich für den Transit dort das „Pickerl“ fällig wird. Dagegen wollte „Ramses“ mit Verve vorgehen. Doch es stoppte ihn kurz darauf ein Ruf aus dem Kanzleramt: Eine Pkw-Maut wird es nicht geben. Man denke an die Millionen autofahrenden Wähler. Seither lautete die regierungsamtliche Sprachregelung: Eine Pkw-Maut stehe „nicht im Koalitionsvertrag und folglich auch nicht auf der Tagesordnung“.

Wenn es nur so einfach wäre. Denn ein Ramsauer gibt nicht so einfach auf. Der 57 Jahre alte gelernte Müllermeister, Diplom-Kaufmann und Doktor der Staatswissenschaften braucht jeden Euro, um rund 12.400 Autobahnkilometer und rund 40.700 Kilometer Bundesstraße instandzusetzen beziehungsweise das Straßennetz zu erweitern.

Deutschland ist Transitland Nummer eins in Europa. Und schon für Investitionen in das bestehende Straßennetz fehlen Hunderte Millionen Euro. Folglich hat Ramsauer in seinem Ministerium die Parole ausgegeben: Es gelten „keine Denkverbote“.

So wie für ihn selbst, wenn sich der ambitionierte ehemalige Konzertpianist zu Hause an den Flügel setzt und seine Gedanken schweifen lässt. Also darf sich eine hausinterne Arbeitsgruppe darüber ausbreiten, wie das deutsche Straßennetz künftig finanziert werden könnte. Eine Idee, die nach der Luftballon-Methode immer wieder nach oben kommt: die Pkw-Maut.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung lässt Ramsauer vier Varianten durchrechnen, wie eine Pkw-Maut beziehungsweise eine elektronische Vignette frisches Geld in die Kassen spülen könnte. Je nach Modell würde dies zwischen 3,4 Milliarden Euro und elf Milliarden Euro einspielen. Sollte auch die Kfz-Steuer, die bislang neun Milliarden Euro einbringt, gestrichen werden, müsste die Vignette etwa 15,5 Milliarden Euro erlösen. Doch auch dieses Mal lässt die Kanzlerin flugs dementieren.

„Es wird keine Maut geben“, sagt Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans zu den jüngsten Plänen, die laut Ministerium nur ein „Papier auf Arbeitsebene“ sind. Dabei hat Ramsauer Unterstützer. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte kürzlich eine Pkw-Maut von jährlich 100 Euro ins Gespräch gebracht.