Merkel-Nachfolge Empfehlung von gestern
Meinung | Berlin · Dass sich Wolfgang Schäuble für Friedrich Merz als Merkel-Nachfolger ausspricht, ist an sich weder überraschend, noch verwerflich.
Auch andere beziehen im Vorfeld des Parteitages öffentlich Position. Wenngleich die Haltung von Schäubles Schwiegersohn Thomas Strobl auch etwas für sich hat. Der ist CDU-Chef in Baden-Württemberg, wo man Merz wegen seiner Wirtschaftsnähe mag, weigert sich aber aus grundsätzlichen Erwägungen hartnäckig, öffentlich irgendeine Empfehlung abzugeben. Dies sei eine Basisentscheidung, meint Strobl. Ähnlich verhält sich auch der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Armin Laschet, der über die stärksten Bataillone verfügt. Auch Laschet, der wahrscheinlich für Kramp-Karrenbauer wäre, weiß, dass sich die Delegierten ungern sagen lassen, wie sie abstimmen sollen.
Das ist eine Haltung, die Wolfgang Schäuble nicht eigen ist. Der Mann, 76, kommt historisch gesehen aus einer Zeit, in der viel von oben herab entschieden wurde. Schäuble selbst hat das unter Helmut Kohl nicht nur erlebt, sondern auch ganz persönlich erlitten. Man ließ ihn warten. Es war auch eine Zeit, in der Politik noch sehr stark männerbündisch betrieben wurde.
So ist der eine Einwand gegen Schäubles Empfehlung, dass die Delegierten des Parteitages in Hamburg dergleichen anno 2018 womöglich nicht mehr so gut finden, zumal nicht von einem, der nicht die Zukunft der Partei repräsentiert. Und der sich womöglich von ganz persönlichen Gefühlen leiten lässt. Gerade dass Schäuble so großes politisches Gewicht hat, könnte für Merz nun sogar kontraproduktiv wirken, vor allem bei der Frauen-Union. Oder bei den Jungen um Spahn. Deutet der Vorstoß doch auf eine mächtige Seilschaft hin, die, so der nicht unbegründete Verdacht, schon länger besteht und das Ziel hat, Merkel zu beerben. Merz selbst hat über entsprechende Gespräche berichtet.
Seltsam ist Schäubles Begründung: Die Wahl von Friedrich Merz sei das Beste für das Land. Das ist eine Gleichsetzung, die übel aufstößt. Hier wird ein Parteivorsitzender gewählt, nicht mehr, nicht weniger. Es geht in Hamburg darum, wer für die CDU der Beste ist, für ihr Programm, für ihr innerparteiliches Klima, für ihre Wahlchancen. Die fast selbstverständliche Gleichsetzung von Land und Partei kann nur einem unterlaufen, der lange – zu lange? – in Staatspositionen ist. Ob der/die in Hamburg Gewählte 2021 auch Kanzlerkandidat wird, ist überdies offen. Womöglich wollen die Parteimitglieder nämlich darüber auch noch mitreden. Oder haben Merz und Schäuble das nicht mehr vorgesehen? Und ob der oder die neue CDU-Vorsitzende dann am Ende das höchste Regierungsamt bekommt, das entscheiden sowieso die Wähler.
Wer weiß, vielleicht wird ja der Grüne Habeck Kanzler.