„Euro Hawk“: Rechnungshof rügt Verteidigungsministerium
Berlin (dpa) - Der Bundesrechnungshof hat dem Verteidigungsministerium in der „Euro Hawk“-Affäre schwere Vorwürfe gemacht. Sie betreffen aber nur teilweise die Amtszeit von Ressortchef Thomas de Maizière (CDU).
In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags kritisieren die Prüfer, dass die Probleme bei dem milliardenschweren Drohnen-Projekt schon lange vor dessen Amtsantritt im März 2011 unterschätzt worden seien. Auch danach sei die Führung des Hauses nicht über das drohende Scheitern informiert worden - bis Anfang 2012. Die Prüfer zeigten aber Verständnis dafür, dass dann nicht sofort die Reißleine gezogen wurde.
Die Opposition verstärkte den Druck auf de Maizière dennoch weiter. Der CDU-Politiker verkündete unterdessen am Rande eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel, dass er ungeachtet der „Euro Hawk“-Pleite an dem Nato-Drohnen-Projekt „Global Hawk“ festhalten wolle. „Wir haben einen Vertrag unterschrieben. Deutschland ist vertragstreu“, sagte er. Allerdings würden die Erfahrungen mit „Euro Hawk“ nicht ganz ohne Auswirkungen bleiben.
Deutschland ist an der rund 1,3 Milliarden Euro teuren Anschaffung von „Global Hawk“-Drohnen zu einem Drittel beteiligt und damit einer der wichtigsten Geldgeber des Vorhabens. „Global Hawk“ ist die US-Drohne, aus der „Euro Hawk“ entwickelt wurde. Es sind daher ähnliche Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum denkbar.
De Maizière hatte Mitte Mai wegen der Zulassungsprobleme und einer drohenden Kostenexplosion das „Euro Hawk“-Projekt gestoppt. An diesem Mittwoch will er einen ausführlichen Bericht zum Scheitern vorlegen. De Maizière wird vorgeworfen, das Projekt erst nach der Investition von mehr als einer halben Milliarde Euro angehalten zu haben, obwohl sein Ministerium schon 2011 von den Zulassungsproblemen wusste.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Leitung des Ministeriums informiert und das Projekt insgesamt neu bewertet werden müssen, schreibt der Rechnungshof in seinem Bericht.
Der für Rüstung zuständige Staatssekretär Stéphane Beemelmans sei aber erst Anfang 2012 über zusätzliche Kosten von bis 600 Millionen Euro für eine Musterzulassung unterrichtet worden. Erst anschließend habe die Suche nach weniger aufwendigen Zulassungswegen oder einem anderen Flugzeug begonnen. Die Führungsebene hat nach Ansicht der Behörde damit richtig reagiert: Die Leitung des Ministeriums habe gehandelt, „sobald ihr die Probleme berichtet wurden“.
Die Opposition sieht die Verantwortung für die mangelhaften Informationsflüsse im Ministerium trotzdem bei der Führung und fordert personelle Konsequenzen. „Ein Staatssekretär, der sich für seinen Aufgabenbereich nicht interessiert, ist fehl am Platze“, sagte der Grünen-Haushaltspolitiker Tobias Lindner und fügte hinzu: „Es ist fraglich, ob einem Abteilungsleiter, der erhebliche Risiken bei Projekten verschweigt, weiter vertraut werden kann.“
Die SPD sieht die Verantwortung sogar noch eine Stufe höher. „Nach dem Bericht wird sichtbar, dass sich der Minister nicht um sein Ministerium gekümmert hat“, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold „Handelsblatt Online“. De Maiziere hätte regelmäßig einen Bericht einfordern müssen, doch ein funktionierendes Controlling habe es nie gegeben.
Linkspartei-Chef Bernd Riexinger forderte den Ressortchef zum Rücktritt auf. „Entweder er besitzt selbst den Anstand, oder Merkel muss ihn entlassen“, sagte Riexinger der „Frankfurter Rundschau“.