Fünf Länder im Kampf gegen die Restlaufzeiten
Der Bundesrat hätte beteiligt werden müssen, heißt es in der Klage. Karlsruhe muss nun entscheiden.
Berlin. Um 8.45 Uhr ist es soweit. Vertreter der fünf klagenden Bundesländer geben an diesem Montag die Klage gegen die Atompläne der Regierung beim Bundesverfassungsgericht ab.
Die fünf SPD-regierten Länder NRW, Rheinland-Pfalz, Bremen, Berlin und Brandenburg wollen auf dem Rechtsweg eines erreichen: die schwarz-gelbe Entscheidung über längere Restlaufzeiten für verfassungswidrig zu erklären. Die Länder kritisieren die Nicht-Beteiligung des Bundesrates an der Entscheidung.
Es ist bereits die zweite Klage in dieser Sache, die in Karlsruhe anhängig ist: Greenpeace klagt wegen angeblicher Sicherheitsmängel vor allem älterer Meiler. Auch SPD und Grüne ziehen nach Karlsruhe. Eigentlich hatte man die Klageschrift ebenfalls am Montag vorstellen wollen. Man sah aber von einem Auftritt Sigmar Gabriels (SPD) und Renate Künasts (Grüne) ab, „um sich nicht wechselseitig die Show zu stehlen“.
Der Rechtsstreit hat einen starken innenpolitischen Hintergrund. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP hatte sich vom rot-grünen Ausstiegskompromiss abgewendet und eine Neu-Regelung auf den Weg gebracht. Die sieben bis 1980 ans Netz gegangenen Meiler bekamen acht Jahre zusätzliche Laufzeit, die zehn verbleibenden Reaktoren 14 Jahre.
Das Gesetz ging im Bundestag glatt durch — nur hatte das NRW-Landtagswahlergebnis die Kräfteverhältnisse im Bundesrat verschoben. Die Bundesregierung hatte dort keine Mehrheit mehr. Also suchten Verfassungsexperten der Regierung einen Weg, wie man die längeren Laufzeiten ohne Beteiligung der Länderkammer realisieren konnte.
Das zentrale Argument der Kläger: Die Länder müssen via Bundesrat beteiligt werden, weil sie die Aufsicht über die Meiler haben. „Jede Laufzeitverlängerung ist zustimmungspflichtig“, heißt es in der Länder-Schrift.
Die zuständigen Minister machten am Montag keinen Hehl daraus, dass sie die Laufzeitverlängerung auch politisch kippen wollen. Der grüne NRW-Umweltminister Johannes Remmel nennt das Vorhaben ein „Hinterzimmergesetz — durchgedrückt von den Atomkonzernen“. Die Länder sehen ihre Erfolgsaussichten bei „über 50 Prozent“. Da es aber kein Eilverfahren ist, gehen sie von einem mehrjährigen Verfahren aus.