Gabriel ist in der SPD der starke Mann
Hinter dem Parteichef kommt lange nichts. Das Triumvirat mit Steinbrück und Steinmeier gibt es nicht mehr.
Leipzig. Sigmar Gabriel ist trotz der Delle bei seiner Wiederwahl am Donnerstag der unangefochtene Anführer der Sozialdemokraten. Doch hinter ihm gibt es Verschiebungen, wie die Vorstandswahlen beim SPD-Parteitag in Leipzig zeigten. Das alte Triumvirat mit Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier existiert nicht mehr; neue Leute aus den Bundesländern drängen nach vorn.
Und sie kommen eher von links. Steinbrück hat sich in Leipzig aus der ersten Reihe verabschiedet, er ist nur noch einfacher Bundestagsabgeordneter. Und Steinmeier scheint sich ganz auf die Bastion Bundestagsfraktion zurückzuziehen, deren Vorsitzender er ist. Aus Parteiangelegenheiten hält er sich auffällig heraus. Eine echte Konkurrenz für Gabriel ist er ohnehin nicht mehr. Aber der 57-Jährige ist der einzige verbliebene Kopf des konservativen Flügels der SPD.
Zumal Olaf Scholz bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden mit nur 67,3 Prozent regelrecht abgestraft wurde. Grund: Der als wirtschaftsnah geltende Hamburger Bürgermeister habe sich zu sehr für eine große Koalition eingesetzt, sagten Delegierte.
Die stärkste Persönlichkeit an der Spitze ist hinter Gabriel nun Hannelore Kraft. Zwar sackte auch sie bei den Wahlergebnissen als Parteivize ab (um zwölf Prozent), ebenfalls wohl auch, weil sie ihre anfängliche strikte Ablehnung einer großen Koalition so schnell aufgab. Allerdings hatte sie 2011 mit 97 Prozent als Novizin auch ein Rekordergebnis gehabt.
Die NRW-Ministerpräsidentin und Landesvorsitzende ist derzeit dennoch die einzige, die Gabriels Kontrahentin sein könnte, wenn es um die nächste Kanzlerkandidatur geht. Falls sie will. Dass sie selbstbewusst ist, zeigte ihr Versprechen an die anwesenden Spitzenkandidaten, bei den anstehenden Landtagswahlen und der Europawahl zu ihnen zu kommen und zu helfen — so reden nur Politiker, die sich für Wahlkampf-Lokomotiven halten.
Neuer Star der Parteilinken ist Hessens Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der Freitag für den Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit als stellvertretender Parteivorsitzender nachrückte. Mit 88,9 Prozent erhielt er das beste Ergebnis. Dem 44-Jährigen wird hoch angerechnet, dass er den kriselnden hessischen Landesverband wieder aufgerichtet hat. Allerdings, seine weitere Stärke hängt auch davon ab, wie die Koalitionsverhandlungen in Wiesbaden ausgehen.
Erneut gehören die Hamburgerin Aydan Özuguz und die Familienpolitikern Manuela Schwesig der engeren Führung an, beide ebenfalls mit Verlusten im Vergleich zu 2011. Sie haben jedoch keine zentrale Rolle.
Ein außerordentlich schlechtes Ergebnis bekam bei ihrer Wiederwahl Freitag Generalsekretärin Andrea Nahles. 67,2 Prozent ohne Gegenkandidaten, dass ist ein Tiefschlag. „So hättet ihr mit Andrea nicht umgehen sollen“, sagte anschließend Schatzmeisterin Barbara Hendricks, die sich unmittelbar danach ebenfalls zur Wiederwahl stellte (Ergebnis 79,5 Prozent).
Tatsächlich hat Nahles den bürgernahen Wahlkampf ebenso professionell organisiert wie die neuen Formen der Mitgliederbeteiligung. Allerdings hatten viele bereits damit gerechnet, dass die Basis ihr die Quittung für das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl erteilen würde.
„Im Fußball ist auch immer der Trainer schuld, egal ob das stimmt“, sagte ein Delegierter. Es gilt als ausgemacht, dass Nahles im Falle einer erfolgreichen Koalitionsbildung Ministerin wird. Ihr könnte der Schleswig-Holsteiner Ralf Stegner als Generalsekretär folgen. Auch er ein Mann des linken Flügels.