Hartz-IV-Sätze steigen - Kleine Kinder gehen leer aus
Berlin (dpa) - Millionen Hartz-IV-Bezieher sollen vom kommenden Jahr an mehr Geld bekommen. So soll der monatliche Regelsatz für alleinstehende Langzeitarbeitslose von derzeit 404 Euro auf 409 Euro im Monat steigen, für Paare von 364 auf 368 Euro pro Partner.
Die größte Steigerung gibt es mit 21 Euro mehr bei den 6- bis 13-Jährigen mit dann 291 Euro im Monat. Das sieht ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor, wie aus Regierungskreisen verlautete. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über den Entwurf berichtet.
Der Regelsatz für Kinder bis zu sechs Jahren bleibt unverändert bei 237 Euro im Monat. Jugendliche bis 18 Jahren erhalten vom nächsten Jahr an 311 statt bisher 306 Euro. Der Satz für unter 25-Jährige, die im Haushalt der Eltern wohnen, steigen von 324 auf 327 Euro.
Die Steigerungen beruhen auf zwei Mechanismen. So gibt es eine neue amtliche Statistik über die Lebensverhältnisse von Privathaushalten, die der Hartz-Berechnung zugrundegelegt wird. Daraus ergibt sich etwa der deutlich höhere Bedarf, der nun für Kinder über sechs Jahren angenommen wird. Außerdem wird der Anstieg von Preisen und Gehältern berücksichtigt.
Neu berücksichtigt seien dabei auch Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 2014, hieß es in Regierungskreisen weiter. Das Gericht hatte die Sätze als noch verfassungsgemäß gebilligt, aber Nachbesserungen angemahnt. So sollen nun Kosten für ein Auto besser berücksichtigt werden.
Über diese Erhöhungen hinaus sieht der Entwurf weitere Verbesserungen für einzelne Gruppen vor. So soll etwa klargestellt werden, dass Bewohner von Wohngemeinschaften jeweils den höheren Satz der Stufe eins für Alleinlebende haben sollen und nicht herabgestuft werden. Für hilfebedürftige Erwachsene im Haushalt der Eltern gibt es künftig auch eine Wohnkosten- und Heizungspauschale.
Mit der Abstimmung des Entwurfs zwischen den Bundesministerien hat der erste Schritt des Gesetzgebungsverfahrens begonnen. Am 1. Januar soll das Gesetz in Kraft treten. Die Mehrkosten sollen sich auf insgesamt 589 Millionen Euro pro Jahr belaufen.
Bei der Statistik, die dem ermittelten Bedarf zugrunde liegt, wurden erneut die Haushalte am unteren Ende der Einkommensskala herangezogen. Herausgerechnet wurde, wer bereits Hartz IV, Sozialhilfe oder Grundsicherung bekommt, um „Zirkelschlüsse nach unten zu vermeiden“, wie es hieß.
Die Linke-Chefin Katja Kipping warf Nahles beschämendes Kleinrechnen des Existenzminimums mit allen Tricks vor. Der Grünen-Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn forderte einen Neustart bei der Hartz-Berechnung „ohne Schummeleien“.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband Deutschland kritisierten die geplanten Sätze als „viel zu niedrig“ und „willkürlich“. Die AWO betonte, die Bedarfe seien bisher auf Kante genäht gewesen. Das Kinderhilfswerk forderte „dringend höhere Regelsätze“ für die Jüngsten.
Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß kritisierte in der „Rheinischen Post“, der Steigerungsmechanismus führe regelmäßig zu politischem Unfrieden, „weil viele Bürger diesen nicht nachvollziehen können“.