Im Einsatz für den Schutz des Lebens
Der selbst unheilbar erkrankte Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) spricht sich gegen Sterbehilfe-Organisationen aus.
Düsseldorf. Die Sterbehilfe wird großes Thema im Bundestag. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) strebt eine Reform an, die jede Form der organisierten Hilfe zur Selbsttötung verbieten soll. Der unheilbar krebskranke CDU-Politiker Wolfgang Bosbach plädiert für ein Verbot solcher Vereine und Organisationen, die die Gelegenheit zur Selbsttötung vermitteln oder verschaffen wollen.
Herr Bosbach, warum ist es aus Ihrer Sicht so problematisch, wenn Vereine oder Organisationen Hilfe beim Sterben anbieten?
Wolfgang Bosbach: Diese erwecken leider nicht selten den Eindruck, dass ihre Arbeit notwendig sei, weil in Deutschland ein menschenwürdiges Sterben ohne ihre geschäftsmäßige Organisation und Unterstützung kaum möglich sei. Wer nicht in der letzten Phase seines Lebens unter unerträglichen Schmerzen leiden wolle, sei gut beraten, bei der Selbsttötung die Hilfe dieser Organisationen in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig verteidigen sie sich gegen Kritik mit dem Hinweis, dass sie zur Suizidhilfe aber nur dann bereit seien, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, die sie jedoch selber aufgestellt haben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie sich vorbehalten, souverän darüber zu entscheiden, ob sich jemand mit ihrer Hilfe selbst töten kann oder nicht. Damit treffen diese Organisationen zumindest mittelbar eine Entscheidung über Leben oder Tod.
Haben Sie persönlich Verständnis für Sterbenskranke, die ihr Leben und Leiden verkürzen wollen?
Bosbach: Niemals käme ich auf den Gedanken, den Todeswunsch eines Schwerkranken zu kritisieren oder auch nur in irgendeiner Weise negativ zu kommentieren. Aber soll der Staat tatenlos dabei zusehen, wenn sich Vereine oder andere Organisationen gründen, mit dem Ziel, geschäftsmäßig andere Menschen dabei zu unterstützen, deren Wunsch nach Selbsttötung zu erfüllen? In den Fällen, in denen der Mensch am Ende seines Lebens angelangt ist und unter unerträglichen Schmerzen leidet, werden sehr viele für den Todeswunsch Verständnis haben. Soll das aber auch für einen noch relativ jungen Menschen gelten, der sein Leben beenden will, weil er unter einer schweren Depression leidet? Und wer maßt sich an, eine Liste von Krankheiten zu erstellen, bei denen der Wunsch nach Selbsttötung legitim erscheint — und bei welchen nicht?
Ist Ihre politische Meinung beeinflusst von Ihrer unheilbaren Krebserkrankung, mit der Sie offen umgehen?
Bosbach: Nein. Für Fragen des Lebensschutzes habe ich mich schon immer eingesetzt und auch in den Zeiten, als ich selber noch kerngesund war. Meine Haltung in diesen Fragen war nie von meinem persönlichen Gesundheitszustand abhängig. Gewandelt hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten die gesellschaftliche Einstellung zur aktiven Sterbehilfe.
Was meinen Sie damit?
Bosbach: Aus vielen Umfragen wissen wir, dass eine deutliche Mehrheit die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe befürwortet. Dass also Tötung auf Verlangen in Zukunft straffrei sein soll. Dies wiederum wundert mich nicht, denn es werden in der Regel Fälle gebildet, in denen schwer kranke Menschen, die am Ende ihres Lebensweges angelangt sind, unter unerträglichen Schmerzen leiden, von denen sie erlöst werden wollen. Aber wer weiß schon, dass pro Jahr etwa 100 000 Menschen nach einem fehlgeschlagenen Suizidversuch medizinisch behandelt werden müssen. Darunter auch sehr viele noch relativ junge Menschen, die nicht lebensbedrohlich erkrankt sind oder unter unerträglichen Schmerzen leiden, aber dennoch ihren eigenen Tod herbeiführen wollen. Als Gesetzgeber treffen wir im Bundestag keine gesetzliche Regelung für einen ganz konkreten Einzelfall, die Regelungen müssen generelle Anwendungen finden.