Im Tierstall gilt künftig die Antibiotika-Bremse

Weil die Dosierung oft zu hoch ist, schlagen Arzneien beim Menschen nicht mehr an.

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Berlin. In riesigen Mastanlagen mit Tausenden Hühnern oder Schweinen bleibt es oft nicht bei einer kleinen Dosis: Ist ein Tier krank, bekommen gleich ganze Gruppen infektionshemmende Antibiotika. Das soll verhindern, dass Bakterien sich auf dem engen Raum ausbreiten. Dabei mahnen Experten, die wichtigen Wirkstoffe generell nur sparsam zu verwenden. Denn immer häufiger schlagen Antibiotika auch bei Menschen nicht mehr an. Um die Verwendung der Arzneimittel in Ställen zu bremsen, treten heute neue Regeln in Kraft.

Antibiotika-Anwendungen bei Hühnern, Puten, Schweinen und Rindern sollen in einer bundesweiten Datenbank der Länder erfasst werden. Dafür müssen Bauern alle sechs Monate melden, welchen Wirkstoff sie wie vielen Tieren in welchen Mengen und über wie viele Tage geben. Der erste Erfassungszeitraum läuft ab 1. Juli. Aus den Angaben wird dann eine durchschnittliche Therapiehäufigkeit ermittelt.

Anhand der gebündelten Daten soll — für Bauern, Tierärzte und die Überwachungsbehörden — sichtbar werden, wenn ein Landwirt übermäßig viel Antibiotika einsetzt. Liegt eine Mastanlage in der amtlich errechneten oberen Hälfte oder sogar im obersten Viertel gemessen am Betriebstyp, muss gegengesteuert werden — mit besserer Hygiene oder bei anderen Bedingungen. Notfalls wird die Tierhaltung für bis zu drei Jahre gestoppt.

Die Gesamtmenge der Antibiotika für die Tierhaltung ist etwas zurückgegangen. Nach jüngsten Daten für 2012 wurden 1619 Tonnen an Tierärzte abgegeben und damit 87 Tonnen weniger als im Jahr zuvor. Als besorgniserregend gilt aber eine markante Zunahme bei einigen besonders wichtigen Wirkstoffen — diese dienen als Reserve, wenn normale Antibiotika nicht mehr anschlagen. „Wer die Vergabe von lebensrettenden Medikamenten nicht auf schwer kranke Menschen beschränkt, handelt grob fahrlässig“, warnt die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn (Grüne).

Die Landwirte stehen hinter dem Ziel, neue Antibiotka-resistente Keime möglichst zu verhindern. Die neuen Meldepflichten sorgen aber für Ärger. „Bürokratiewahn im Stall verhindern!“, fordert eine Internet-Protestaktion. Für kleine Höfe und ganz junge Kälber sollten Ausnahmen her. Durch die amtlichen Auswertungen gerate „die Hälfte der Tierhalter unter Generalverdacht“.

Für Tierärzte können die Länder strengere Regeln verhängen. So sollen sich Veterinäre bei der Anwendung bestimmter Antibiotika strikt an die Packungsbeilage halten müssen. Bisher können sie Medikamente auch über die Zulassung hinaus etwa für andere Tierarten einsetzen.