Große Differenzen Jamaika-Runde verschiebt Streit-Themen Flüchtlinge und Klima
Berlin (dpa) - Die Jamaika-Unterhändler haben wegen großer Differenzen ihre Verhandlungen über die Kernthemen Zuwanderung und Klimaschutz vertagt. Ein Abschluss der Gespräche über diese Punkte werde für kommende Woche angestrebt, hieß es am Abend von allen Seiten.
Aus Teilnehmerkreisen war zu erfahren, dass nun eine Spitzenrunde der Parteichefs in den nächsten Tagen in einem separaten Gespräch Lösungswege bei den Themen Flüchtlinge und Zuwanderung klären soll. Schon zuvor hatten die Jamaika-Unterhändler die Beratungen über Bildung und Digitalisierung vertagt, weil die Zeit dafür am Abend nicht mehr ausreichte.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, es gebe bei Klima und Zuwanderung noch erheblichen Klärungsbedarf. Die Lösungen sollten tragfähig sein. Es sei daher gut, während des Wochenendes nochmals nachzudenken, um dann die Gespräche wieder aufzunehmen. Das betonte auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Beide betonten, es sei klar gewesen, dass die Themen Flüchtlinge sowie Klima und Energie besonders schwer würden. Aber: „Wenn's leicht wäre, könnte es jeder“, sagte Tauber.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer bekräftigte, CDU und CSU wollten an ihrem Kompromiss beim Thema Zuwanderung festhalten. Es bedürfe einer klaren Begrenzung der Zuwanderung. Beer hielt sich bei diesem Thema weitgehend zurück. Scheuer betonte, beim Thema Klima und Energie sei das gemeinsame Ziel, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Arbeitsplätze zu sichern.
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kritisierte einen „klimapolitischen Zickzackkurs“ in den Gesprächen, ohne einen genauen Adressaten zu nennen. Ein Kompromiss müsse für vier Jahre funktionieren. Die Klimaziele müssten eingehalten werden, ein Ausstieg aus der Kohle sei zwingend.
Während CDU und CSU in den Gesprächen die Begrenzung der Flüchtlingszahlen zur Bedingung erklärten, forderten die Grünen nach dpa-Informationen die Ausweitung des Familiennachzugs.
Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus - subsidiär Geschützte - für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will die Beschränkung nun über das Datum hinaus verlängern. Nach dem Willen der Grünen sollte der Familiennachzug dagegen künftig wieder uneingeschränkt möglich sein.
Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen bekannten sich zwar zu den deutschen und internationalen Klimazielen. Allerdings blieb die konkrete Umsetzung zunächst noch offen. Wie aus Teilnehmerkreisen der Sondierungen zu erfahren war, bestand die FDP darauf, eine neue Energie- und Klimapolitik an eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und an bezahlbare Preise zu binden.
Die Grünen fordern, die 20 schmutzigsten Kraftwerke schnell abzuschalten, um das deutsche Ziel zu schaffen, bis 2020 den Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Zudem wollen sie einen zügigen Kohleausstieg und 100 Prozent Ökostrom bis 2030. Union und FDP geht dies zu weit. Weitere Knackpunkte sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Zukunft der Verbrennungsmotoren.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Rande der Gespräche: „Kaum ein Thema hat unsere Bevölkerung so aufgewühlt wie das Thema Flüchtlinge in den letzten zwei bis drei Jahren.“ Deswegen müssten die Kompromisse „nachhaltig sein“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte eine Begrenzung auf maximal 200 000 Zuwanderer zur Bedingung für Jamaika.
FDP-Chef Christian Lindner bekräftigte die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz: „Wenn das System der Begrenzung und Kontrolle funktioniert, kann man beim Familiennachzug wieder offener werden.“ Dies konnte als Signal an die Grünen verstanden werden, denen das Thema Familiennachzug wichtig ist.