Kanzleramt weiß seit Februar vom Thema Atom-„Bad Bank“

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung ist bereits seit Februar über die Idee einer Ausgliederung der deutschen Atomkraftwerke in eine öffentliche Stiftung informiert gewesen. Das geht aus einer Antwort von Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake an Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer hervor, die der dpa vorliegt.

Foto: dpa

Demnach haben RWE-Chef Peter Terium und Eon-Chef Johannes Teyssen in Gesprächen mit Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) am 21. Februar und am 27. März und zuvor bereits mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am 13. und am 18. Februar solche Überlegungen vorgetragen. „Konkrete Pläne sind der Bundesregierung allerdings nicht vorgestellt worden.“

Zugleich betonte Baake, es habe weder Verhandlungen gegeben, noch gebe es dazu Beschlüsse in der Bundesregierung. „Die uneingeschränkte Verantwortung für den sicheren Auslaufbetrieb der Kernkraftwerke, die Stilllegung, den Rückbau und auch die Zwischenlagerung des Atommülls liegt bei den Energieversorgungsunternehmen.“

Diese müssten sämtliche Kosten der Stilllegung, des Rückbaus sowie der Endlagerung tragen. „Dafür haben die Unternehmen zu den Bilanzstichtagen im Jahr 2013 in den Handelsbilanzen Rückstellungen in Höhe von ca. 36 Milliarden Euro gebildet.“ Es müsse gewährleistet sein, dass die Mittel jederzeit gesichert zur Verfügung stehen, betonte der Staatssekretär.

Grünen-Chefin Simone Peter sprach von einem „inakzeptablen Täuschungsmanöver gegenüber Öffentlichkeit und Bundestag“. Mehrfach habe die Bundesregierung Hinterzimmergespräche mit der Atomwirtschaft über eine Übernahme der Atomaltlasten dementiert. „Solche Mauscheleien im Hintergrund erinnern fatal an Merkels Geheimverhandlungen mit den Atomkonzernen im Vorfeld der AKW-Laufzeitverlängerungen.“

Auch Fraktionsvize Krischer kritisierte die zögerliche Informationspolitik scharf: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung erst jetzt offenlegt, dass es bereits im Februar und März Gespräche (...) gab.“ Das lasse vermuten, „dass die Bundesregierung bereits daran arbeitet und prüft, ob eine "AKW-Bad Bank' für den Rückbau auf Kosten der Steuerzahler Sinn macht.“ Der Staat dürfe die Betreiber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

Als die von den Versorgern nicht dementierten Pläne publik geworden waren, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert am 12. Mai lediglich betont: „Es gibt weder Verhandlungen noch Beschlüsse zu diesem Thema.“

Ob es aber Gespräche gegeben hatte, in denen das Thema angesprochen wurde, war zunächst offen geblieben. In der Folge hatte es Forderungen von allen Seiten gegeben, nur die Rückstellungen in einen öffentlichen Fonds zu überführen, um sie dauerhaft zu sichern, etwa für den Fall der Insolvenz eines beteiligten Energieversorgers.

Seibert sagte am Mittwoch nun, Kanzlerin Angela Merkel selbst sei nicht über konkrete Pläne für ein Stiftungsmodell eingeweiht gewesen. Auf die Frage, ob Merkel von Altmaier über die Idee der Atomkonzerne informiert worden sei, antwortete Seibert: „Da kann ich ihnen über die internen Abläufe im Kanzleramt jetzt hier keine Auskunft geben.“ Es bleibe dabei, dass die Energiekonzerne die uneingeschränkte Verantwortung für Stillegung, Rückbau und Endlagerung hätten.

RWE-Chef Terium signalisierte Gesprächsbereitschaft zur Lösung der offenen Fragen. „Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung“, sagte er der dpa. Die Rückstellungen des Konzerns von mehr als 10 Milliarden Euro reichten aus. Anderslautende Spekulationen nannte Terium „völlig überzogen“ und falsch: „Eine ganze Armee von Wirtschaftsprüfern macht sich regelmäßig über jede einzelne Bilanzposition Gedanken.“ Die Mittel stünden zur Verfügung, wenn sie gebraucht würden, betonte Terium. Das Geld soll nach früheren Konzernangaben je zur Hälfte für den Rückbau der fünf RWE-Reaktorblöcke und für ein atomares Endlager verwendet werden.