Karlsruhe erlaubt Nutzung von Steuer-CDs
Karlsruhe (dpa) - Monatelang hat die Politik gestritten. Jetzt hat Karlsruhe für Klarheit gesorgt: Der Staat darf angekaufte Steuer-CDs für Ermittlungen gegen Steuerhinterzieher nutzen - auch wenn die Bankdaten ursprünglich gestohlen wurden.
Bei der Strafverfolgung komme es nicht darauf an, ob der Datenerwerb ursprünglich rechtmäßig gewesen sei. Das geht aus einem am Dienstag bekanntgegebenen Beschluss hervor. (2 BvR 2101/09).
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte den Beschluss. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass die Datenlieferung rechtmäßig ist und dass kein Verwertungsverbot besteht“, sagte Gewerkschaftschef Dieter Ondracek. „Das ist jetzt auch bestätigt worden.“ Insofern sei mit dem Karlsruher Urteil der nötige Rechtsfrieden hergestellt. Auch das Bundesfinanzministerium sieht seinen Standpunkt bestätigt.
Die Richter nahmen eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Wohnungsdurchsuchung nicht zur Entscheidung an, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Der erforderliche Anfangsverdacht für die Durchsuchung war auf Daten gestützt worden, die ein Informant aus Liechtenstein verkauft hatte. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte die CD mit gestohlenen Daten der Liechtensteiner LGT-Bank angekauft und der Steuerfahndung zur Verfügung gestellt.
In dem Kammerbeschluss wurde ausdrücklich offen gelassen, ob der Erwerb der Daten möglicherweise rechtswidrig oder gar strafbar gewesen war. Die Richter verwiesen auf den Grundsatz, dass Beweismittel nach einer Abwägung im Einzelfall auch dann verwertet werden können, wenn sie auf rechtswidrige Weise erlangt wurden.
Selbst wenn man unterstelle, dass der Erwerb rechtswidrig war, sei nicht erkennbar, dass es sich „um schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße handelt, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer acht gelassen worden sind“. Unerheblich sei auch, ob sich der Informant bei der Beschaffung der Daten strafbar gemacht habe: „Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, sind - selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte - grundsätzlich verwertbar.“
Neben den Daten aus Liechtenstein aus dem Jahr 2008 waren später auch Steuer-CDs aus der Schweiz von Nordrhein-Westfalen sowie Niedersachsen erworben worden. Zusätzlich wurden Angaben per Papier und „Sicherungsband“ zugespielt. Teils wurden Ermittlungen aber wieder eingestellt, weil sich die Angaben als nicht werthaltig erwiesen hatten. Einige Bundesländer lehnten den Kauf ab.
Die Steuer-CDs haben eine Flut von Selbstanzeigen ausgelöst, weil Steuerbetrüger die Aufdeckung der Straftat befürchteten. Nach Angaben der Steuergewerkschaft summiert sich die Zahl der Selbstanzeigen auf bisher 28 000. Dies spült Milliardenbeträge in die Staatskassen. Die schwarz-gelbe Koalition will die umstrittene „strafbefreiende Selbstanzeige“ daher erhalten, aber die Regeln dafür verschärfen.
Die baden-württembergische SPD forderte Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auf, seine ablehnende Haltung zum Kauf von möglicherweise illegal erlangten Daten zu revidieren. Das Urteil habe die Koalitionspartner CDU und FDP „endgültig als Schutzpatrone von Steuersündern entlarvt“, sagte Landeschef Nils Schmid in Stuttgart.
Dagegen sieht Justizminister Ulrich Goll (FDP) durch die Karlsruher Entscheidung die bisherige Linie der Landesregierung bestätigt. Finanzminister Willi Stächele (CDU) zeigte sich erfreut über „die klare Aussage des Bundesverfassungsgerichts“.
Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) forderte die anderen Bundesländern auf, ohne falsche Rücksichtnahme gegen Steuerhinterzieher vorzugehen. „Wir haben jetzt rechtlich Klarheit. Diese Klarheit muss sich in einem einheitlichen Vorgehen von allen niederschlagen“, sagte Kühl.