Krankenkassen geben mehr für freiwillige Leistungen aus
Ausgaben für Homöopathie & Co. haben sich binnen vier Jahren auf 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fast verdoppelt. Zweifel am Nutzen.
Berlin. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für freiwillige Leistungen haben sich in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt. Das geht aus Daten des Bundesgesundheitsministeriums hervor, die die Linken-Gesundheitspolitikerin Birgit Wöllert angefordert hat. Demnach gaben die Krankenkassen 2016 für die sogenannten Satzungsleistungen 1,5 Milliarden Euro aus. Im Jahr 2012 waren es lediglich 780 Millionen Euro, also etwas mehr als die Hälfte.
Grundsätzlich bieten alle gesetzlichen Krankenkassen einen einheitlichen Leistungskatalog. Das Gesetz lässt aber zu, dass jede Kasse per Satzungsänderung weitere Angebote machen darf. Dazu gehören unter anderem die Homöopathie, Gesundheitskurse wie etwa Rückenschulen oder Pilates, Leistungen von Osteopathen sowie Schutzimpfungen für Auslandsreisen.
Wöllert kritisierte diese Entwicklung. Zur Mitgliederwerbung und Kundenbindung erhöhten die Kassen permanent die Ausgaben für Satzungsleistungen, sagte sie unserer Redaktion. „Viele dieser Leistungen sind medizinisch nicht notwendig und im Nutzen zweifelhaft“, fügte sie hinzu. Das Geld fehle dann für die Regelversorgung „an allen Ecken und Enden“.
Wöllert hat dabei insbesondere die homöopathischen Mittel im Blick, die sich offenbar großer Beliebtheit erfreuen. Experten gehen davon aus, dass 60 Prozent der Deutschen auf derlei Kügelchen (Globuli), Kapseln oder Tropfen zurückgreifen — Mittel, die auch als „sanfte Medizin“ bekannt sind. Während Nutzer darauf schwören, halten Kritiker sie für Mumpitz. Mehr als ein Placebo- Effekt, so der Tenor, sei damit nicht zu erzielen.
Wie hoch der Anteil der Homöopathie an den freiwilligen Kassenleistungen ist, lässt die Bundesregierung mit Verweis auf fehlende Statistiken allerdings offen. Berichten zufolge sollen jedoch etwa zwei Drittel der insgesamt noch 113 gesetzlichen Krankenkassen entsprechende Therapien bezahlen.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) warnte gleichwohl davor, die freiwilligen Offerten „allein auf eine Diskussion um Homöopathie zu verkürzen“, erläuterte eine GKVSprecherin gegenüber unserer Redaktion. Auch dürfe man nicht vergessen, dass die Satzungsleistungen vom Gesetzgeber als Wettbewerbsinstrument gedacht seien. „Wenn die Krankenkassen diesen Bereich nun nutzen, darf man sie dafür nicht pauschal kritisieren“, sagte die Sprecherin. Tatsächlich wurden die Möglichkeiten für zusätzliche Angebote im Jahr 2012 massiv ausgeweitet.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk (CDU), sieht hier auch keinen Korrekturbedarf. Über zusätzliche Angebote entscheide die jeweilige Kasse selbst, sagte sie. Es sei richtig, dass von den bestehenden Möglichkeiten Gebrauch gemacht werde. vet/dpa