„Nicht mehr zumutbar“ Zschäpe-Pflichtverteidiger wollen Entlassung aus NSU-Prozess

München (dpa) - Drei Pflichtverteidiger der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe haben die Entlassung aus dem NSU-Prozess beantragt. Eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit sei für sie „auch in persönlicher Hinsicht nicht mehr zumutbar“, schrieben die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm.

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Gleichzeitig richteten sie schwere Vorwürfe an ihre beiden Mitverteidiger Mathias Grasel und Hermann Borchert. Die beiden hätten über Zschäpes Absichten unzureichend oder falsch informiert. Das wiesen Grasel und Borchert zurück.

Heer, Stahl und Sturm reagierten mit ihrem Vorstoß auf einen Brief Zschäpes an den 6. Strafsenat des Münchner Oberlandesgerichts. Darin hatte sie sich von mehreren Befangenheitsanträgen gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl und einen Beisitzer distanziert. Eingereicht hatten die Anträge die drei Pflichtverteidiger.

Das, so teilten sie jetzt mit, hätten sie auch mit ihren beiden Mitverteidigern abgesprochen. Detailliert beschreiben sie eine Folge an E-Mails und Telefonaten mit Zschäpes viertem Pflichtverteidiger, Grasel. Dieser war im Sommer 2015 zusätzlich berufen worden, nachdem sich Zschäpe mit Heer, Stahl und Sturm überworfen hatte. Seitdem kommuniziert die Angeklagte nur noch mit Grasel und Borchert. Borchert fungiert als Wahlverteidiger, der nicht vom Staat bezahlt wird.

Nach Darstellung von Heer, Stahl und Sturm habe Grasel erklärt, er gebe „schon mal ein Einverständnis“ und er sehe keine Gefahr, dass Zschäpe den Befangenheitsanträgen nicht zustimme. Der Schriftwechsel liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Nach dem Einreichen der Anträge habe Grasel dann aber eine E-Mail geschickt, wonach Zschäpe nur noch zwei Anträge mittrage, alle anderen aber nicht. Zschäpe selbst schrieb anschließend per Hand an den Vorsitzenden Richter, sie bleibe nur bei einem einzigen Antrag. Die weiteren seien „nicht mit mir abgesprochen“ und entsprächen nicht „meinem Willen oder Wunsch“.

Heer, Stahl und Sturm erklärten, damit sei eine „umfassende und ordnungsgemäße Verteidigung“ nicht mehr möglich. Entweder maßten sich „Grasel und Borchert eine ihnen tatsächlich nicht verliehene Entscheidungskompetenz an“ oder aber Zschäpe bezichtige sie „erneut wider besseren Wissens der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten“.

Grasel und Borchert wiesen alle Vorwürfe als falsch zurück und beriefen sich auf ihre anwaltliche Schweigepflicht. Gleichzeitig teilten sie in einem Schreiben an das Gericht mit, Zschäpe habe tatsächlich vorab nichts vom Inhalt der Anträge gewusst. Das läge daran, dass sie wegen eines dazwischenliegenden Wochenendes nicht im Gefängnis habe besucht werden können.

Zschäpe ist seit Mai 2013 wegen Mittäterschaft an den Verbrechen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ angeklagt. Dazu gehören neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Zuwanderern. Der NSU-Prozess soll an diesem Mittwoch fortgesetzt werden.