Kritik an Moratorium: „Das ist nur eine Absichtserklärung“

Düsseldorf. Der Staatsrechtler Martin Morlok kritisiert im Interview mit der WZ das Moratorium als politische Absichtserklärung.

Herr Professor Morlok, die Bundesregierung sprach davon, die Verlängerung der Laufzeiten mit einem Moratorium außer Kraft zu setzen. Ist das rechtlich bindend?

Morlok: Rechtlich kann es ein solches Moratorium, von der Bundesregierung ausgesprochen, gar nicht geben. Es ist eine politische Absichtserklärung, nichts weiter. Es gibt zwei wichtige Punkte: Erstens ist die Verwaltung des Atomrechts Sache der Landesbehörden, nicht der Bundesregierung. Und zweitens ist die Verlängerung der Laufzeiten in einem Gesetz verankert. Wenn dieses Gesetz verändert werden soll, bedarf es eines neuen Gesetzes.

Kanzlerin Merkel hat auf Paragraf 19 verwiesen. Demnach kann bei Vorliegen einer Gefahrenlage die Abschaltung angeordnet werden.

Morlok: Dieser Paragraf 19 greift dann, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Wenn man sich darauf berufen will, muss man nachweisen, dass solche Gefahren existieren. Und es ist doch merkwürdig, wenn Leute, die vor ein paar Monaten noch gesagt haben, es sei alles bestens, nun sagen, es sei so gefährlich, dass alles stillgelegt werden müsse. Tatsache ist doch, dass sich an unseren Atomkraftwerken in den vergangenen Monaten nichts geändert hat. Sie sind technisch in dem gleichen Zustand.

Die rechtlich sicherste Variante wäre also, den Bundestag einzubeziehen?

Morlok: Ja. Wenn die Regierung tatsächlich den Ausstieg aus dem Ausstieg rückgängig machen oder verändern will, dann muss sie das gesetzlich regeln. Das ist auch richtig so: Die wichtigste Instanz in unserer Demokratie ist der Bundestag. Ihm sind solche Entscheidungen vorbehalten.