Mehrheit gegen Vergessen der DDR-Geschichte
Berlin (dpa) - Knapp zwei Drittel der Deutschen (61 Prozent) haben laut einer Umfrage noch nie eine Gedenkstätte zum Mauerbau besucht. Gleichzeitig findet es eine deutliche Mehrheit (65 Prozent) sehr wichtig, auch künftig an die DDR-Geschichte zu erinnern und der Opfer des SED-Grenzregimes zu gedenken.
Das ergab wenige Tage vor dem 50. Jahrestag des Mauerbaus vom 13. August 1961 eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa. Befragt wurden bundesweit 1042 Menschen zwischen dem 1. und 3. August.
Weit mehr als die Hälfte der Deutschen sprach sich zudem für weitere Stasi-Überprüfungen von höheren Bediensteten im öffentlichen Dienst aus. Darauf sollte auch mehr als 20 Jahre nach dem Ende der DDR nicht verzichtet werden, meinten 58 Prozent. 32 Prozent der Befragten plädierten für ein Ende von Stasi-Checks, 10 Prozent hatten keine Meinung. Im Westen gibt es mit 60 Prozent einen höheren Anteil von Befürwortern weiterer Überprüfungen, in Ostdeutschland ist nur jeder zweite dafür.
Nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz wurde der Personenkreis im öffentlichen Dienst, der auf eine frühere Zusammenarbeit mit der DDR-Staatssicherheit überprüft werden kann, stark begrenzt. Diese Regelung für Spitzenämter läuft zum Jahresende aus. Derzeit wird im Bundestag eine Gesetzesnovelle zur erneuten Ausweitung von Stasi- Überprüfungen kontrovers diskutiert. Eine Entscheidung gibt es noch nicht.
Das Interesse an einem Gedenkstätten-Besuch ist laut Umfrage in Ost und West gleichermaßen mäßig. Jeweils 39 Prozent gaben an, schon einmal eine solche Gedenkstätte besucht zu haben, 61 Prozent verneinten dies. Am höchsten ist die Anteil der Nicht-Besucher in der Gruppe der 45- bis 54-Jährigen mit 74 Prozent. Von den 16 bis 24 Jahre alten Bundesbürgern war laut Umfrage gut jeder zweite (51 Prozent) schon einmal in einer solchen Gedenkstätte.
64 Prozent der Westdeutschen und 68 Prozent der Menschen in Ostdeutschland ist es laut Umfrage sehr wichtig, dass der Mauerbau auch künftig ein Thema bleibt und die Opfer nicht vergessen werden. 11 Prozent gaben insgesamt an, ihnen sei das egal.
In etwa so groß wie diese beiden Gruppe zusammen ist auch die derer, die nicht wissen, welcher DDR-Staats- und Parteichef den Grenzwall um die damaligen Westsektoren Berlins ziehen ließ. Zwar antworteten 63 Prozent richtig, dass das Walter Ulbricht war. Immerhin 26 Prozent kreuzten fälschlicherweise Erich Honecker an und 2 Prozent Egon Krenz; 10 Prozent konnten sich für keinen entscheiden. Ulbrichts Satz wenige Wochen vor dem 13. August 1961 „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, hatte traurige Berühmtheit erlangt.
Deutlich wurden bei dieser Frage aber Ost-West-Unterschiede. In Ostdeutschland nannten mit 81 Prozent wesentlich mehr den richtigen damaligen SED-Machthaber als im Westen (57 Prozent).
Wie sehr die Mauer zum Symbol der deutschen Teilung wurde, offenbart eine weitere Antwort. 58 Prozent der Befragten sagten, die Mauer sei die innerdeutsche Grenze einschließlich der Grenze um West-Berlin gewesen. Dabei waren sich Ostdeutsche (58 Prozent) und Westdeutsche (57 Prozent) fast einig. Nur 26 Prozent ordneten gesamtdeutsch das Bollwerk als Berliner Mauer richtig ein.
Die Stasi-Unterlagen-Behörde geht davon aus, dass noch tausende ehemalige Spione der DDR in Westdeutschland unentdeckt sind. „Die Wissenschaftler unserer Behörde haben für die Zeit zwischen 1949 und 1989 rund 12 000 West-Spione berechnet“, so Behördenchef Roland Jahn.
Dazu müsse man die Zahl der Strafverfahren gegen solche Agenten in Bezug setzen, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Von 1990 bis 1999 habe es etwa 3000 derartige Verfahren gegeben.
In 500 Fällen sei es zur Anklage gekommen, 360 Spione wurden laut Jahn schließlich verurteilt. Demnach sei die überwiegende Mehrzahl der Stasi-Spione in Westdeutschland bisher ungeschoren davon gekommen.