Merkels Zwickmühle bei der Homo-Ehe
Die CDU beendet das Thema vorerst wegen des Widerstands in der eigenen Partei.
Berlin. Angela Merkel setzt auf eine bewährte Methode: Ein Schritt nach dem anderen, nicht zu schnell vorpreschen. Nein, eine steuerliche Gleichsetzung homosexueller Paare mit der Ehe will die CDU nicht vorantreiben — das machte das Präsidium am Montag klar. Auch wenn seit Tagen andere Signale führender Christdemokraten auszumachen sind. Dafür wird in der CDU jetzt lauter über ein Familiensplitting geredet, das Steuervorteile stärker mit Kindern verbindet.
Die Spitze der Unionsfraktion um den Vorsitzenden Volker Kauder (CDU) hatte erst vor einer Woche angedeutet, man könnte einer für den Sommer erwarteten Steuer-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts doch vorgreifen. Steuerrechtliche Konsequenzen für homosexuelle Lebenspartnerschaften aus dem jüngsten Adoptions-Urteil aus Karlsruhe sollten zumindest geprüft werden. So wollte man dem Eindruck entgegenwirken, die Union lasse sich von Karlsruhe treiben.
Eine Welle der Entrüstung folgte, manches Parteimitglied erklärte seinen Austritt. Der konservative Flügel warnte, nach dem Aus für Wehrpflicht und Atomkraft könne der nächste Baustein des Wertefundaments der Union geschleift werden: Ehe und Familie.
Auch die CSU hat ihr Veto eingelegt: Eine Steuer-Gleichstellung sei mit ihm bis zum Sommer nicht zu machen, egal, was Karlsruhe entscheide, polterte Parteichef Horst Seehofer. Spätestens da dürfte Merkel klar gewesen sein, dass ein Vorpreschen nicht infrage kommt.
Merkel ist in einer Zwickmühle: An einer Umsetzung der Karlsruher Richtersprüche kommt sie nicht vorbei. Doch viele Stammwähler dürften vergrault sein, wenn die klassische Ehe nicht als Kompensation auf andere Weise gestärkt wird — etwa über zusätzliche Rentenpunkte für ältere Mütter.
Wenn sich Merkel und die CDU andererseits beim Thema Gleichstellung zu sehr zurückhalten, dürfte dies vor allem in Großstädten schwer zu erklären sein. Und das angesichts der Tatsache, dass die Union schon bisher kaum ein Mittel findet, ihren jahrelangen Niedergang in Metropolen zu stoppen.
Bei dem Spagat soll ein Signal an Familien mit Kindern helfen. Es werde darum gehen, wie Kinder bei der Familienbesteuerung bessergestellt werden könnten, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Ein „Familiensplitting“ in Ergänzung zum Ehegattensplitting sei denkbar — der Steuervorteil könne dabei an der Zahl der Kinder orientiert sein.