Mutter von Kasseler NSU-Opfer appelliert an Zschäpe

Ein emotionaler Appell, der wohl auch Beate Zschäpe nicht unberührt lässt. Und ein weiterer Zeuge zu angeblichen Verbindungen der Neonazis nach Dortmund. Der 42. Tag im NSU-Prozess.

München (dpa). Im NSU-Prozess hat die Mutter des ermordeten Halit Yozgat die Hauptangeklagte Beate Zschäpe eindringlich gebeten, zur Aufklärung der Taten beizutragen. Ayse Yozgat wandte sich am Mittwoch im Gerichtssaal direkt an Zschäpe: „Ich spreche als Mutter von Halit Yozgat. Ich bitte Sie, dass Sie all diese Vorfälle aufklären. Weil Sie eine Frau sind, denke ich, dass die Frauen sich gegenseitig verstehen.“

Seit dem Mord an ihrem Sohn könne sie immer nur zwei Stunden lang schlafen. „Jeder kann Straftaten begehen, aber ich bitte Sie um Aufklärung.“ Ayse Yozgat sprach Türkisch, ein Dolmetscher übersetzte: „Denken Sie bitte immer an mich, wenn Sie sich ins Bett legen. Denken Sie daran, dass ich nicht schlafen kann.“

Beate Zschäpe schien aufmerksam zuzuhören. Kerzengerade saß sie auf ihrem Stuhl und verharrte noch eine Weile, nachdem Ayse Yozgat ihren Appell beendet hatte.

Halit Yozgat war das neunte und letzte Opfer der Mordserie an türkisch- und griechischstämmigen Geschäftsleuten. Der 21-Jährige laut Anklage am 6. April 2006 von den Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in seinem Internetcafé in Kassel erschossen. Zschäpe ist als Mittäterin an sämtlichen Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) angeklagt.

Am Nachmittag versuchte das Gericht, mögliche Anhaltspunkte für Verbindungen des Neonazi-Trios nach Dortmund weiter zu überprüfen. Am Montag hatte eine Zeugin berichtet, sie habe Zschäpe und ihre mutmaßlichen Komplizen 2006 dort gesehen - nur wenige Tage vor den Morden an Mehmet Kubasik in Dortmund und Halit Yozgat in Kassel. Nun hörte das Gericht den Ehemann der Zeugin an, einen pensionierten Historiker, der fast 30 Jahre lang den Nationalsozialismus und Widerstand in Dortmund erforscht hatte.

Wie schon seine Frau berichtete er von Grabungen auf dem Nachbargrundstück im Jahr 2005, die ihn beunruhigt hätten. Er habe zwei Männer gesehen, die er „vom Phänotypus, von der persönlichen Erscheinung zumindest einer rechten Szene zugeordnet hätte“. Vom angeblichen Besuch Zschäpes, Böhnhardts und Mundlos' im Jahr 2006 habe er aber nur über seine Frau erfahren.

Kommende Woche sollen der frühere Nachbar und dessen Frau aus Dortmund gehört werden. Möglicherweise gibt es dann eine einfache Erklärung für den angeblichen Dortmund-Besuch: Der Nachbar hat bereits bei der Polizei gesagt, dass seine Frau Zschäpe ähnlich sehe.