FDP will künftig stärker soziale Themen besetzen
Berlin/Stuttgart (dpa) - Neue Frau in der FDP-Spitze: Nach dem Wahldesaster soll die hessische Kultusministerin Nicola Beer als Generalsekretärin den Liberalen in der Bundespolitik ein frisches Profil geben.
Parteivize Christian Lindner, der im Dezember für das Amt des Vorsitzenden kandidiert, werde die 43-Jährige am Freitag in Berlin als seine Kandidatin für den wichtigen Posten vorstellen, erfuhren die „Ruhr Nachrichten“ und die Nachrichtenagentur dpa aus Parteikreisen.
Inhaltlich will sich die FDP nach ihrem Abschied aus dem Bundestag breiter aufstellen und verstärkt sozialen Problemen widmen. „Wir verstehen uns immer als ein Anwalt der Chancengerechtigkeit“, sagte Lindner nach einem Treffen der Vorsitzenden der neun FDP-Landtagsfraktionen in Stuttgart. Der 34-Jährige vertritt schon länger die Forderung nach einem „mitfühlenden Liberalismus“.
Die Fraktionschefs arbeiteten in einer „Stuttgarter Erklärung“ den Absturz der Partei auf 4,8 Prozent bei der Bundestagswahl auf. Die FDP habe in den vergangenen vier Jahren als Regierungspartei „in Substanz und Auftreten“ die Wähler nicht überzeugen können. Das Ausscheiden aus dem Parlament sei eine „tiefgreifende Zäsur“.
Lindner kritisierte erneut das wenig unterfütterte Werben der FDP um Zweitstimmen von Unionswählern und die Rolle als vermeintliche Mehrheitsbeschafferin von CDU-Kanzlerin Angela Merkel: „Wir haben stärker für eine Funktion und eine Person einer anderen Partei geworben als für unser eigenes Profil.“
Die Landtagsfraktionen mit insgesamt 92 Abgeordneten sowie die 12 Europa-Parlamentarier sehen sich nach dem Wegfall der Bundestagsfraktion nun als Motor der Erneuerung. Die FDP werde „dem Zeitgeist einer staatsfixierten Politik das Modell einer modernen Sozialen Marktwirtschaft und einer aktiven Bürgergesellschaft“ gegenüber stellen. Lindner meinte: „Die FDP ist nicht mehr im Bundestag, aber die FDP ist weiter im Spiel. Das drückt dieses Papier aus.“
Die künftige Ausrichtung in der außerparlamentarischen Opposition ist aber umstritten. FDP-Vize Holger Zastrow warnte vor einem Linksruck und der Öffnung für andere Koalitionspartner neben der Union. SPD, Grüne und Linkspartei seien „allesamt Sozialisten“, sagte der sächsische Fraktionschef, der 2014 eine Landtagswahl bestehen muss, der „Leipziger Volkszeitung“.
Lindner, der in der Vergangenheit als offen für Ampel-Bündnisse mit SPD und Grünen galt, schloss derartige Festlegungen aus. Er will die FDP als eigenständige Kraft positionieren und 2017 zurück in den Bundestag führen. Dafür will er sich die aufstrebende Beer an seine Seite holen. Sie gilt als pragmatisch und ist eine der wenigen profilierten Frauen in der FDP.
Von 2009 bis 2012 war Beer Europa-Staatssekretärin, seit Mai 2012 ist sie Kultusministerin in Hessen. Nach der schwarz-gelben Wahlniederlage bei der Landtagswahl wird sie ihr Amt in Wiesbaden aller Voraussicht nach verlieren. Der amtierende Generalsekretär Patrick Döring war nach dem 22. September mit der gesamten Führung zurückgetreten. Er wechselt in die Wirtschaft. Die neue FDP-Spitze soll im Dezember auf einem Sonderparteitag in Berlin gewählt werden.