Parteivorsitzende machen Fall Edathy zur Chefsache

Kanzlerin Merkel sieht noch Klärungsbedarf. SPD-Chef Gabriel stellt sich hinter seinen Fraktionschef.

Foto: Bernd Von Jutrczenka

Berlin. Schuldzuweisungen, Rücktrittsforderungen, Vertrauensverlust: In der großen Koalition rumort es so sehr, dass die Parteivorsitzenden den Fall Edathy zur Chefsache gemacht haben. Heute beraten Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD), wie die Zusammenarbeit weitergehen soll.

SPD-Chef Gabriel sieht das Bündnis in einer „anstrengenden Lage“, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach von einer „schweren Krise“. Ausgelöst wurde sie durch die Affäre um Kinderpornografie-Ermittlungen gegen den Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy, in deren Folge Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zurücktreten musste.

Gabriel strebt laut „Spiegel online“ ein Parteiordnungsverfahren gegen Edathy an. Ihm droht ein Ausschluss. Der Parteivorstand beschloss gestern einstimmig, zunächst die Mitgliedsrechte ruhen zu lassen.

Kanzlerin Merkel sagte, dass sie „volles Vertrauen“ in Vizekanzler Gabriel habe. Allerdings sehe sie noch Klärungsbedarf. Gabriel wollte derweil den Unions-Forderungen nach Konsequenzen auch bei der SPD nicht nachkommen. Dem unter Druck geratenen Fraktionschef Thomas Oppermann bescheinigte er, „absolut korrekt“ gehandelt zu haben.

Edathy selbst legte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Hannover ein, der er falsche Angaben zu seinem Fall vorwirft. Vergangene Woche hatte Edathy seinen dienstlichen Laptop beim Bundestag als gestohlen gemeldet. Medien zufolge prüft die Staatsanwaltschaft Wiesbaden mögliche Ermittlungen gegen den Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, ob er Informationen an Oppermann weitergegeben hat.