Perspektive für einen Abzug
Afghanistan: Die Regierung will festschreiben, wann die ersten Soldaten das Land verlassen.
Berlin. Kurz vor Weihnachten 2011: Großer Aufmarsch im Feldlager Kundus. Der Verteidigungsminister ist da, der Außenminister auch. Keiner der beiden will es sich nehmen lassen, die ersten Soldaten aus Afghanistan zu verabschieden. Fast auf den Tag genau zehn Jahre ist es dann her, dass der erste Trupp der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK afghanischen Boden betraten. Die Trümmer des World Trade Centers waren noch nicht weggeräumt. Jetzt dürfen die ersten 100 Mann nach Hause. Aber fast 4500 Soldaten bleiben.
So ungefähr könnte es sich abspielen, wenn in Erfüllung geht, was sich die schwarz-gelbe Bundesregierung in ihrem neuen Afghanistan-Mandat vorgenommen hat: Mandat Nr. 13 seit Ende 2001. Wieder wird der Einsatz um zwölf Monate verlängert, diesmal bis zum 31. Januar 2012. Weiterhin dürfen bis zu 5350 Soldaten eingesetzt werden. Aber zum ersten Mal gibt es darin auch einen Termin, wann der Abzug der Bundeswehr beginnen könnte. Mit viel Wenn und Aber.
Sieben Seiten umfasst der „Antrag der Bundesregierung“, mit dem sich jetzt der Bundestag befassen wird. Entschieden wird am 28. Januar. Der wichtigste Satz: „Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können.“ Dann kommen die Einschränkungen: „Soweit die Lage dies erlaubt.“ Ohne dadurch „unsere Truppen zu gefährden“. Oder die „Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses“.
Die Ausstiegsformel ist ein Kompromiss, auf den sich Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg geeinigt haben. Der FDP-Chef wollte eine möglichst genaue Festlegung, der CSU-Politiker lieber nicht. Guttenberg hält von der gesamten Termindebatte nicht viel. Auf keinen Fall dürfe man „leichtsinnig“ werden, warnt er. Und stichelt in Richtung Auswärtiges Amt: „Vor diesem Hintergrund ist mir völlig wurscht, ob man das Jahr 2004 oder 2013, 2010 oder 2011 oder 2012 nennt.“
Die schwarz-gelbe Regierung hat mit der jetzt gefundenen Formulierung aber auch die Opposition im Blick. Die Nennung eines einigermaßen zuverlässigen Termins war Voraussetzung dafür, um die immer mehr am Einsatz zweifelnde SPD zu einer Zustimmung zu bewegen. Dieses Mal wird es wohl noch gelingen, die meisten SPD-Abgeordneten zu einem Ja zu bewegen. Bei den Grünen wird sich der Großteil enthalten. Allenfalls ein knappes Dutzend wird wohl dafür sein.