Prozess um Feuertod von Jalloh: Angeklagter schweigt
Magdeburg (dpa) - Was passierte am 7. Januar 2005 in einer Zelle des Polizeireviers Dessau? Bis heute ist der Feuertod eines Asylbewerbers nicht geklärt. Nun unternimmt das Landgericht Magdeburg einen neuen Anlauf.
Im neuen Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle schweigt der Angeklagte. Er wolle sich über eine frühere Erklärung hinaus nicht äußern, sagte der Verteidiger des 50-jährigen Polizisten am Mittwoch am Landgericht Magdeburg. Sein Mandant ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Er soll am 7. Januar 2005 den Alarm im Polizeirevier mehrmals ignoriert und viel zu spät reagiert haben, so dass Jalloh in der Zelle starb.
Demonstranten forderten vor dem Gericht die Aufklärung der Todesumstände. Familienmitglieder des damals 23-jährigen Opfers treten in dem Prozess als Nebenkläger auf.
Jalloh war in der Polizeizelle untergebracht worden, weil er im betrunkenen Zustand mehrere Frauen belästigt haben soll. Aus Sicht der Ermittler hatte der Mann aus Sierra Leone das Feuer mit einem Feuerzeug selbst entfacht. Er war zu dem Zeitpunkt an Händen und Füßen gefesselt. Jalloh erlitt einen Hitzeschock wegen der extrem heißen Brandgase, wie ein Gutachter im ersten Prozess am Landgericht Dessau-Roßlau feststellte.
Der neue Prozess ist nötig, weil der Bundesgerichtshof den Ende 2008 verkündeten Freispruch des Polizisten wegen Lücken in der Beweisführung aufgehoben hatte. Der Vorsitzende Richter am Landgericht Dessau-Roßlau hatte in seiner Urteilsbegründung vor mehr als zwei Jahren die widersprüchlichen Aussagen der Polizeibeamten kritisiert. Sie hätten verhindert, dass der Fall habe aufgeklärt werden können. Das Verfahren sei gescheitert, hatte der Richter gesagt.
Verteidiger Attila Teuchter sagte am Mittwoch, sein Mandant habe seine Sicht auf das Geschehen vor sechs Jahren dem Gericht in einer schriftlichen Erklärung geschildert. Darin mache er deutlich, dass nach dieser Zeit nicht mehr alle Erinnerungen klar seien. Der Angeklagte habe zwei schwere Krankheiten durchgemacht. „Er ist psychisch noch nicht in der Lage, das Ganze zu verarbeiten“, sagte Teuchter. Wegen des schlechten Gesundheitszustandes hatte sich das neue Verfahren verzögert.
Die Initiative Oury Jalloh beklagte, dass viel Beweismaterial und Videoaufzeichnungen aus der Zelle bisher nicht vor Gericht gezeigt worden seien. Da die Anklage in Magdeburg der Anklage in Dessau-Roßlau entspreche, sei kaum ein anderes Urteil zu erwarten. „Wir fordern, darüber zu recherchieren, was passiert ist, bevor das Feuer ausgebrochen ist. In Dessau ist eineinhalb Jahre nur darüber gesprochen worden, was danach passiert ist“, sagte Marc Bellinghausen von der Initiative.
Am Nachmittag wurde eine erste Zeugin gehört, die aber widersprüchliche Aussagen machte und betonte, sich nicht genau zu erinnern. Die heute 50-Jährige hatte als Ein-Euro-Jobberin Müll gesammelt und die Polizei gerufen, weil sie sich von Jalloh belästigt fühlte. Zum nächsten Verhandlungstag ist unter anderem ein Polizist als Zeuge geladen, der im ersten Verfahren rechtskräftig freigesprochen worden war.