Prominente als Objekte unfreiwilliger Werbung

Auch für Anzeigen gilt die Meinungsfreiheit. Im Fall Mollath wurden aber Grenzen verletzt.

Düsseldorf. Müssen Prominente es sich gefallen lassen, dass mit ihrem Gesicht ungefragt Werbung gemacht wird?

Beispiele dafür gibt es immer wieder. Der aktuellste ist der des aus der Psychiatrie entlassenen Gustl Mollath. Der Autovermieter Sixt warb in einer Zeitungsanzeige mit dessen Foto und dem Satz: „Wenn hier jemand verrückt ist, dann der Sixt mit seinen Preisen.“

Sixt hat mit dieser Art Werbung schon früher für Aufsehen gesorgt. 1999 wurde der bereits nach fünf Monaten als Bundesfinanzminister zurückgetretene Oskar Lafontaine verhöhnt: Man „verlease“ auch Autos an Mitarbeiter in der Probezeit.

Als die Frisur von Angela Merkel noch Thema war, warb Sixt mit zwei Fotos: Eines zeigte ihr Porträt mit der Unterzeile „Lust auf eine neue Frisur?“ Daneben dann eine Fotomontage: Merkel mit Struwwelpeterfrisur. Unterzeile: „Mieten Sie sich ein Cabrio!“

Der Zigarettenhersteller Lucky Strike platzierte neben das Bild einer eingedrückten Zigarettenschachtel den Spruch „War das Ernst? Oder August?“ Und spielte damit offensichtlich auf handgreifliche Eskapaden von Ernst August Prinz von Hannover an.

Auch Dieter Bohlen bekam sein Fett weg. Weil dessen Buch gerichtlich nur mit geschwärzten Passagen veröffentlicht werden durfte, lehnte man einen schwarzen Filzstift an eine Zigarettenschachtel: „Schau mal Dieter, so einfach schreibt man super Bücher.“

Bohlen, Ernst August und auch Lafontaine scheiterten allesamt vor dem Bundesgerichtshof. Die Richter sahen in den Anzeigen nämlich von der Meinungsfreiheit gedeckte Beiträge.

Im Fall Lafontaine sagte der BGH, es gehe um eine „satirische Ausein-andersetzung des Autovermieters mit dem Rücktritt des Klägers.“ In den Fällen Bohlen und Ernst August gehe es zwar nicht um Meinungsäußerungen über Ereignisse von historisch-politischer Bedeutung.

Aber auch gesellschaftliches Geschehen dürfe in Wirtschaftswerbung aufgegriffen werden. Angela Merkel reagierte seinerzeit souverän und klagte erst gar nicht.

Bei Gustl Mollath liegt die Sache anders. Zum Rechtsfall wird sie nur deshalb nicht, weil sich Unternehmenschef Erich Sixt mittlerweile bei Mollath entschuldigte. Mollath ist kein Prominenter, weil er sich in die Öffentlichkeit gedrängt hat, sondern weil er eine traurige Berühmtheit als mutmaßliches Justizopfer erlangte.

Jedes Gericht, das über die unautorisierte Nutzung seines Bildes für Werbezwecke urteilen müsste, käme kaum an der Einschätzung des Kieler Rechtsanwalts Stephan Dirks vorbei. Der sieht eine „geradezu sittenwidrige Ausnutzung eines in jedem Falle schweren persönlichen Schicksals für gewerbliche Zwecke“.