Umstrittener Plan Regierung will Jobs für Langzeitarbeitslose bezuschussen

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will langjährigen Hartz-IV-Beziehern und Langzeitarbeitslosen mit staatlich bezuschussten Jobs ein neues Leben ermöglichen.

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Das sieht ein Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, den das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschloss. „Arbeit zu haben und für sich selbst sorgen zu können, ist eine Frage der Würde und Teilhabe“, sagte Heil. Bis 2022 stellt der Bund vier Milliarden Euro dafür zur Verfügung.

Gewerkschaften und Sozialverbände kritisierten die Pläne als unzureichend. Arbeitgeber und FDP warnten davor, lediglich Stellen beim Staat zu schaffen und normale Arbeit zu verdrängen. Laut Koalitionsvertrag sind 150.000 neue Jobs geplant. Die Jobs sollen ab 2019 entstehen und allmählich ausgebaut werden.

Die Betroffenen sollen fünf Jahre lang einen Lohnkostenzuschuss bekommen können. In den ersten beiden Jahren soll er sich auf Höhe des Mindestlohns belaufen - derzeit 8,84 Euro, ab 1. Januar voraussichtlich 9,19 Euro pro Stunde. Dann soll der Zuschuss um zehn Prozentpunkte jährlich sinken. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen mindestens 25 Jahre alt sind, innerhalb von acht Jahren mindestens sieben Jahre Grundsicherung bezogen haben und dabei allenfalls kurz beschäftigt waren.

Das auf Betreiben der SPD auf den Weg gebrachte Projekt nennt sich „sozialer Arbeitsmarkt“. Die Betroffenen sollen wieder die Chance bekommen, am Arbeitsleben teilzunehmen, gegebenenfalls ihr Leben neu zu strukturieren und etwa auch wieder Vereine oder ähnliches zu besuchen. Ziel soll der Übergang in normale Beschäftigung bleiben. Deshalb sollen Betroffene neben der geförderten Beschäftigung auch betreut werden, Weiterbildung und betriebliche Praktika erhalten.

Zuletzt gab es laut Gesetzentwurf rund 800.000 Hartz-IV-Bezieher, für die diese Förderung infrage kommt. Insgesamt bekommen 4,26 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter Grundsicherung. Weit geringer ist die Zahl der offiziell Langzeitarbeitslosen mit mindestens einem Jahr ohne Stelle. Auch wenn man nur kurzzeitig einen Job ausübt, gilt man nicht mehr als langzeitarbeitslos. Im Jahresschnitt 2017 waren es 809 000 Langzeitarbeitslose in Deutschland.

Auch die Job-Förderung von Langzeitarbeitslosen soll sich ändern: Ab mindestens zwei Jahren ohne Arbeit soll für 24 Monate ein Lohnzuschuss fließen können - im ersten Jahr 75, im zweiten 50 Prozent des normalen Arbeitslohns. Die Arbeitgeber müssen Betroffene noch ein halbes Jahr nach der Förderung weiterbeschäftigen. Laut Gesetzentwurf sind derzeit rund 450.000 Menschen seit mindestens zwei Jahren arbeitslos.

Bereits bisher gibt es eine ähnliche Förderung - schon ab mindestens einem Jahr Arbeitslosigkeit. Aber derzeit müssen noch zwei weitere „Vermittlungshemmnisse“ wie gesundheitliche Probleme oder hohes Alter vorliegen. Knapp 7000 Menschen erhalten derzeit diese Förderung.

Eine fünfjährige Förderung von besonders langjährigen Hartz-Beziehern gab es bisher nicht. Zwar existieren auch bereits weitere Förderprogramme für Langzeitarbeitslose - etwa finanziert durch den Europäischen Sozialfonds. Nun sollen die Betroffenen aber von einer per Gesetz dauerhaft festgeschriebenen Förderung profitieren können.

Gewerkschaften und Sozialverbänden reichen die Pläne nicht, die auf Druck der Union von Heil abgeschwächt worden waren. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, forderte, Betroffene müssten nach Tarif bezahlt werden. Auch Deutscher Gewerkschaftsbund und Deutscher Städtetag sehen das so. Der Städtetag meint, Kommunen und Wohlfahrtsverbände könnten das Programm sonst kaum nutzen: „Die Lücke zwischen Mindestlohn und Tariflohn können sie oft nicht mit eigenen Mitteln schließen.“ Der Paritätische Gesamtverband monierte, deutlich früher müsse geholfen werden statt erst nach sieben Jahren Hartz IV.

Auch von Arbeitgebern, FDP und aus der Union kam Kritik. Arbeitgeber Ingo Kramer lobte zwar, dass anders als bisher geplant nur mindestens 25-Jährige Hartz-Bezieher gefördert werden sollen. Aber Beschäftigung bei der Wirtschaft müsse durch Qualifizierung und individuelles Coaching stärker in den Fokus - jahrelange Beschäftigung nur bei der öffentlichen Hand führe nicht auf den normalen Arbeitsmarkt.

Der CDU-Arbeitsmarktpolitiker Kai Whittaker verlangte weitere Reformen: „Ohne intensives und langfristiges Coaching werden die angekündigten Reformmaßnahmen grandios scheitern“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Opposition sieht mehr Schatten als Licht. Von einem „knausrigen Minimalvorschlag“ sprach Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch begrüßte das Gesetz, warnte aber vor „Lohndumping“. FDP-Vize Michael Theurer warnte vor einer „riesigen Arbeitslosenindustrie“. Die AfD äußerte sich zunächst nicht, hatte sich aber bereits gegen subventionierten Jobs für Zuwanderer gewandt.