Schwarz-Rot will geplante Eigenstrom-Umlage verschärfen

Berlin (dpa) - Alle Besitzer neuer Solaranlagen sollen künftig eine Abgabe für selbst genutzten Strom zahlen. Darauf einigten sich die Unterhändler von Unions- und SPD-Fraktion.

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Demnach sollen alle Selbstversorger vom Industrieunternehmen mit eigenen Kraftwerken bis zum Bürger mit einer Solaranlage auf dem Dach künftig 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde als „Soli“ entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent. Damit soll einer Schieflage begegnet werden: Durch die steigende Selbstversorgerzahl werden die Umlagen beim Strompreis auf weniger Schultern verteilt, was den Preis belastet.

Allerdings könnte es einen sehr hohen bürokratischen Aufwand bedeuten, bei jeder neuen Solaranlage ab 2015 den Eigenverbrauch zu kontrollieren und die anfallende Umlage abzurechnen. Bisher war geplant, dass im Rahmen einer Bagatellgrenze kleine Solaranlagen bis 10 Kilowatt maximale Leistung von der Umlage ausgenommen bleiben.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Donnerstag Widerstand der Länder an: „Wir sind der Ansicht, dass die Umlage nach unten korrigiert werden muss.“ Nach einem Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte er: „Darüber wird jetzt sicher noch mal gestritten werden.“ Man sei hier einigermaßen weit auseinander. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte, man hätte sich eine günstigere Lösung im Sinne der Eigenstromverbraucher gewünscht. Das Gesetz wolle man deswegen aber nicht scheitern lassen.

Merkel sagte, sie wollte die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im großen Einvernehmen mit den Ländern beschließen. Sie ließ aber offen, ob es noch Korrekturen gibt. Ob der Bundestag die geplante Mindest-Umlage Ende Juni billigen wird, ist daher noch unklar, denn unter anderem aus der CDU in Baden-Württemberg kommt starker Widerstand. Anschließend soll Anfang Juli der Bundesrat entscheiden.

Industrieunternehmen, die sich künftig selbst versorgen, oder Supermärkte, die neue Anlagen montieren und den erzeugten Solarstrom nutzen, sollten nach letzten Plänen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Mindestabgabe von 50 Prozent der Ökostrom-Umlage zahlen. Kleine Solaranlagen hatte er aber weiterhin ausklammern wollen bei dem geplanten Eigenstrom-„Soli“.

Klar ist: Für bestehende Anlagen zur Eigenstromversorgung wird keine Abgabe fällig, hier wird Bestandsschutz gewährt.

Gegen den neuen Vorschlag formierte sich Widerstand von allen Seiten: „Mit der „Sonnensteuer“ killt die Bundesregierung die bürgernahe Energieversorgung“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter - der Begriff Sonnensteuer wurde als Kampfbegriff von der Solar-Lobby geprägt. „Kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen und umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dürfen nicht über Gebühr belastet und vor allem nicht mit umweltschädlichen fossilen Kraftwerken für die Selbstversorgung gleichgestellt werden“, meinte Peter.

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) kritisierte, dass es gegen die Abmachung sei, auch die Industrie mit 40 Prozent der Ökostrom-Umlage zu belasten. Anfangs seien 15 Prozent geplant gewesen.

Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel sieht durch die geplante 40-Prozent-Regel kaum Entlastungen für die anderen Stromverbraucher. Bei einer Belastung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs von 40 Prozent liege das Volumen bei 56 Millionen Euro im Jahr und damit bei wenigen Cent pro Haushalt im Monat.

Im Hintergrund geht es auch um Marktanteile: Versorgen sich Industrie und Bürger zunehmend selbst mit Strom, verlieren Energieversorger Marktanteile. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte Druck gemacht, alle neuen Selbstversorger mit Strom, auch kleine Solaranlagenbesitzer, mit einer Abgabe zu belasten. Die Solarbranche wiederum fürchtet weniger verkaufte Anlagen. In Zeiten hoher Strompreise wächst die Attraktivität der Eigenstromversorgung.