Seehofer fordert Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter
Nürnberg (dpa) - CSU und Vertriebenenverbände machen Druck bei der Entschädigung von deutschen Zwangsarbeitern. „Wir zahlen in Europa für alle, dann können wir auch für deutsche Zwangsarbeiter zahlen“, sagte der bayerische Ministerpräsident Seehofer (CSU) beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg.
Die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, gab sich nach den Seehofer-Äußerungen zuversichtlich, dass es nun zu einer Lösung kommt: „Ich bin entschlossen, in der Frage nicht nachzugeben. Das ist eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa am Rande des Nürnberger Vertriebenentreffens.
Seehofer kündigte an, die Entschädigungsfrage bereits beim nächsten Spitzentreffen der Parteivorsitzenden in Berlin einzubringen. Dabei wolle er auch den schon länger geforderten nationalen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung zum Thema machen, kündigte der CSU-Vorsitzende vor mehreren tausend Heimatvertriebenen im Nürnberger Kongresszentrum an. „Ich werde beide Themen mit bayerischem Nachdruck in das Koalitionsgespräch einbringen. Mir liegt viel daran, dass Ankündigungen endlich Taten folgen“, unterstrich Seehofer. „Einen solchen Gedenktag brauchen wir nicht irgendwann, sondern jetzt.“
Nach Einschätzung von Vertriebenen-Chefin Steinbach würden sich die Kosten für die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter auf 200 Millionen Euro belaufen. Gedacht sei an einen Einmalbetrag von 5000 Euro für jeden Betroffenen. „Ein solcher Betrag muss adäquat zu dem sein, was allen anderen Zwangsarbeitern gezahlt wird“, sagte sie der dpa. Nach ihrer Schätzung leben in Deutschland noch rund 40 000 Deutsche, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Straflagern in Polen, Russland, der Tschechoslowakei und Rumänien zu Strafarbeit verpflichtet waren. Nachdem Union und FDP als Oppositionsparteien für eine solche Entschädigung gestimmt hätten, könnten sie nun als Regierung schlecht dagegen sein, ohne sich unglaubwürdig zu machen.
Seehofer und die Funktionäre der Sudetendeutschen Landsmannschaft hielten sich mit Attacken gegen die tschechische Regierung auffallend zurück. Diese lehnt trotz zweier Seehofer-Besuche in Prag weiterhin offizielle Gespräche mit dem Vertriebenenverband ab. Seehofer mahnte die Regierung in Prag zwar erneut zur offensiven Auseinandersetzung mit der Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrem Land; er vermied aber ebenso wie die Vertriebenenfunktionäre den Hinweise auf die sogenannten Benes-Dekrete, die die Vertreibung der deutschen Minderheit nachträglich legitimiert hatten.
Stattdessen sprach der CSU-Chef lediglich von „Klippen“, die es im deutsch-tschechischen Verhältnis zu meistern gelte. „Man sollte bei allen Schwierigkeiten, alles tun, um mit großer Geduld die Aussöhnung unter Wahrung der Wahrheit herbeizuführen“, formulierte Seehofer diplomatisch. Zugleich lud er den tschechischen Ministerpräsidenten Petr Necas zu einem Gegenbesuch noch in diesem Jahr nach München ein.
Die Sudetendeutschen beklagten dennoch die ihrer Ansicht nach unverändert „starre Haltung“ der tschechischen Regierung gegenüber den Vertriebenenverbänden. Der Vorsitzende der Landsmannschaft, Franz Pany, sagte, kurzfristig rechne er nicht mit spektakulären Erfolgen bei den Bemühungen um einen Dialog mit der Regierung in Prag. „Dennoch glaube ich fest daran, dass die jetzt getanen Schritte umumkehrbar eine positive Entwicklung eingeleitet haben“, betonte er. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und CSU-Europa- Abgeordnete, Bernd Posselt, sagte, im Vordergrund stünden derzeit nicht Forderungen an die tschechische Regierung; wichtiger sei es, die Kooperationen mit tschechischen Kirchen, Vereinen, Verbänden und Parteien in der alten Heimat zu vertiefen.