Zusammenarbeit der Parteien Seehofer sperrt sich gegen SPD-Pläne zum Familiennachzug

Berlin (dpa) - Vor möglichen Gesprächen zwischen SPD und Union über eine Regierungsbildung beharrt CSU-Chef Horst Seehofer auf der Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz.

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Mit Blick auf eine Forderung der Sozialdemokraten, die Aussetzung nicht zu verlängern, sagte Seehofer der „Bild“-Zeitung, er könne sich eine entsprechende Übereinkunft nicht vorstellen. „Das wäre wieder eine so massive Zuwanderung, dass die Integrationsfähigkeit Deutschlands total überfordert wäre.“

Der SPD-Vorstand hatte am Montag einen Antrag für den Parteitag beschlossen, in dem unter anderem hervorgehoben wird, dass Familiennachzug und das Zusammenleben in der Familie zu einer guten Integration von Flüchtlingen beitrügen. „Deshalb wollen wir die temporäre Aussetzung des Familiennachzugs nicht verlängern.“

Der Nachzug von Familienmitgliedern von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz ist derzeit bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will im Gegensatz zur SPD, dass die Aussetzung zunächst aufrechterhalten wird. Damit zeichnet sich ein Konflikt in möglichen Gesprächen zur Regierungsbildung zwischen Union und SPD ab.

Ein SPD-Parteitag in Berlin soll am Donnerstag grünes Licht für das Ausloten einer möglichen erneuten Zusammenarbeit der Parteien geben. Zu den „essenziellen“ Forderungen, die der SPD-Vorstand am Montag beschlossen hatte, zählen neben dem Familiennachzug die Einführung einer Bürgerversicherung, ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz, eine Solidarrente gegen Altersarmut sowie ein gesetzliches Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit.

Der Beschluss vom Montag sei kein Automatismus für eine große Koalition, betonte SPD-Vize Manuela Schwesig in der „Schweriner Volkszeitung“ (Dienstag). „Wir halten uns weiterhin alle Optionen offen, wollen aber zunächst über Inhalte reden.“ Vor zwei Wochen hatte die SPD-Führung nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen noch geschlossen gegen eine Neuauflage der großen Koalition gestimmt und sich offen für Neuwahlen gezeigt. Geben die Delegierten des SPD-Parteitags ihr Okay, will Schulz schon kommende Woche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Seehofer treffen. Die SPD erwartet, dass es nicht mehr vor Weihnachten, sondern erst im Januar bei Gesprächen mit der Union ernst wird.

Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sprach mit Blick auf die SPD-Forderungen von „Kraftmeierei“. „SPD-Chef Martin Schulz muss irgendwie den Parteitag der Sozialdemokraten überstehen, deswegen wird jetzt die Delegiertenseele gestreichelt“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ/Dienstag). „So etwas macht man einfach nicht vor Gesprächen. Wer nur rote Linien aufzeigt, der kommt keinen Schritt weiter.“ Thüringens CDU-Vorsitzender Mike Mohring hingegen sah in den SPD-Forderungen keine roten Linien oder Hindernisse für ergebnisoffene Gespräche. Alles Weitere müsse aber nun „hinter geschlossenen Türen besprochen werden“, sagte er der „NOZ“.

Hinter den geschlossenen Türen dürfte dann weiterhin Seehofer für die krisengeschüttelte CSU in führender Position am Verhandlungstisch sitzen. Hintergrund ist der am Montag beendete Machtkampf innerhalb der Partei. Beschlossen wurde, dass der bisherige Finanzminister Markus Söder spätestens im Frühjahr Seehofer als Ministerpräsident in Bayern ablösen soll. Seehofer selbst will auf dem CSU-Parteitag Mitte Dezember erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Dank des Kompromisses darf der 68-Jährige nun auf ein gutes Ergebnis hoffen - obwohl er mit 38,8 Prozent das schlechteste Ergebnis der CSU bei Bundestagswahlen überhaupt verantworten muss.

Seehofer werde dafür sorgen, „dass wir bei den Koalitionsverhandlungen in der Hauptstadt geschlossen auftreten und hart und erfolgreich verhandeln“, sagte CSU-Vize Manfred Weber der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag). Darum setze er sich dafür ein, dass Seehofer auf dem Parteitag mit einem starken Ergebnis wiedergewählt werde. Seehofer habe dafür die „volle Unterstützung“ des Parteivorstands.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Unionskreisen erfuhr, wird auch Kanzlerin Merkel Mitte Dezember an dem CSU-Parteitag teilnehmen. Wegen unterschiedlicher Positionen im Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge hatte die CDU-Vorsitzende im November 2016 noch auf ihren Besuch auf dem CSU-Parteitag in München verzichtet.